In der Ibiza-Affäre übernehmen die Anwälte das Kommando
Deutschland. In einstweiliger Verfügung, die Berliner Kanzlei veröffentlichte, war von angeblichem Kokainkonsum Straches die Rede. Die Passage verschwand rasch wieder.
(* 1962 in Mönchengladbach) stand sechs Jahre lang an der Spitze des deutschen Bundesamtes für Verfassungsschutz. Im Herbst 2018 hatte Maaßen, CDUMitglied, mit verharmlosenden Äußerungen zu rechten Ausschreitungen in Chemnitz eine kleine Regierungskrise ausgelöst. Maaßen sollte wegbefördert werden. Als er dann von „linksradikalen Kräften in der SPD“sprach, wurde er in den vorzeitigen Ruhestand versetzt. Schon davor war er wegen Treffen mit der AfD-Führung in der Kritik gestanden. Dieser Mann, so wie er sich dargestellt hat, ist für eine Funktion im Staat in keiner Weise geeignet. Sein Verhalten und die Hintergründe müssen und werden in Österreich aufgearbeitet werden. Aber dabei darf man es nicht belassen. Es ist eine hochsensible juristische Sache, wenn man Personen, die in der Öffentlichkeit stehen, solche Fallen stellt. Ich denke über den Fall hinaus: Aufsehenerregende Erpressungen von Politikern könnten ein Geschäftsmodell werden. Deshalb müssen „Süddeutsche“und „Spiegel“hier an der Aufklä
Julian H. hat sich im Berliner Szeneviertel Kreuzberg Rechtsbeistand gesucht. Eine Anwaltskanzlei dort hat eine einstweilige Verfügung gegen ein österreichisches Onlineportal erwirkt, das den mutmaßlichen Drahtzieher des Ibiza-Videos abgebildet hat. Die Begründung des Berliner Landesgerichts ist brisant, jedenfalls so, wie sie H.s Medienrechtsanwältin auszugsweise ursprünglich veröffentlicht hat.
Demnach sei die „etwaige Mitwirkung an dem Video unter Berücksichtigung des Quellenschutzes von dem Grundrecht der freien Meinungsäußerung gedeckt, da das Filmmaterial von höchstem öffentlichen Interesse ist. Denn das Video zeigt den Vizekanzler Österreichs, wie er Kokain konsumiert und keine Skrupel zu haben scheint, illegale Parteispenden anzunehmen sowie Aufträge an Wahlkampfhelfer zu vermitteln.“
Ein paar Stunden später war die Stelle mit dem angeblichen Kokainkonsum wieder verschwunden. Die Anwältin von Julian H. bestätigte der „Presse“, dass es sich bei den zitierten Stellen um Auszüge einer „von uns erwirkten und uns vorliegenden Beschlussverfügung des LG Berlin“handelt. Stimmt das, stellt sich die Frage, wie das Gericht zu dieser Einschätzung kommt. Strache bestreitet Drogenkonsum in jener Nacht auf Ibiza vehement. Und es gibt auch kein veröffentlichtes Videomaterial, das Gegenteiliges zeigt.
Das zuständige Kammergericht wollte keine Stellungnahme abgeben. Sicher ist, dass eine einstweilige Verfügung mit der angegebenen Aktenzahl am Donnerstag erlassen wurde. Die Richter sollen darin auch festgehalten haben, dass der Antragsteller aufgrund der identifizierenden Bildveröffentlichung nun durch politische Fanatiker gefährdet werden könnte.
Strache versuchte, mit einer Presseerklärung in die Offensive zu gehen. Er schäme sich für sein Verhalten im illegal hergestellten Ibiza-Video. Doch die besprochenen Inhalte seien bloß Hirngespinste. Strache hatte auf Ibiza einer vermeintlichen Verwandten eines Oligarchen Staatsaufträge in Aussicht gestellt, falls sie Anteile bei der „Kronen Zeitung“erwerbe und so die FPÖ unterstütze.
Am Ende seiner Erklärung gab Strache bekannt, bei der Staatsanwaltschaft Wien „Strafanzeige gegen zumindest drei als mögliche Mittäter identifizierte Personen eingereicht zu haben“. Auf Nachfrage führte sein Anwalt, Johann Pauer aus, dass der Wiener Innenstadtanwalt M., der Detektiv Julian H. und als unbekannte Täterin auch der lettische Lockvogel angezeigt worden seien.
Recherchen der „Presse“zufolge hatte der Wiener InnenstadtAnwalt M. die vermeintliche Lettin und den Detektiv 2017 mit dem damaligen FPÖ-Vizebürgermeister, Johann Gudenus, zusammengebracht. Dabei soll er laut Gudenus auch einen Reisepass der Lettin gezeigt haben. Im Sommer 2017 folgte das mitgefilmte Treffen auf Ibiza, an dem auch FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, nicht jedoch der Wiener Anwalt, teilnahm.
Laut „Presse“-Recherchen hatte Anwalt M. im Wahlkampf 2017 der SPÖ kompromittierendes Material über Strache und Gudenus angeboten. Seine Kontaktperson beteuert jedoch, abgelehnt zu haben. Vor einer Woche veröffentlichten „Spiegel“und „Süddeutsche Zeitung“den Mitschnitt. Darauf trat Strache als Vizekanzler zurück, die Regierung zerbrach.
Anzeige erstattete Strache laut Auskunft seines Anwalts wegen Verdachts folgender Straftatbestände: Missbrauch von Ton- und Abhörgeräten gemäß § 120, Verdacht der Datenverarbeitung in Gewinn- und Schädigungsabsicht gemäß § 63 DSG, Urkundenfälschung gemäß § 223 StGB, Täuschung gemäß § 108 StGB.
Die Rechtsanwaltskammer leitete eine Prüfung der Vorwürfe gegen M. ein. (strei, cu, ath)