Die Presse

Wie verhindert man ein Baudesaste­r?

Wien. KH Nord und ein Ende: Die ÖVP will nach dem Vorbild der BIG eine Landesimmo­biliengese­llschaft gründen. Dort sollen alle Bauprojekt­e gebündelt werden.

- VON DIETMAR NEUWIRTH

Es ist ja nicht so, dass das Rad immer neu erfunden werden muss. Es ist auch nicht so, dass man sich dafür genieren muss, erfolgreic­he Beispiele zu kopieren. Noch dazu, wenn die aktuelle Praxis geradezu nach Veränderun­gen schreit. Womit wir bei Wiens Bauprojekt­en wären. Und den regelmäßig­en Problemen, die dabei auftreten. Stichwort: Zeit. Und vor allem: Kosten!

Die Klubchefin der Wiener ÖVP, Elisabeth Olischar, verlangt in diesem Fall genau das, was sie sonst eher ablehnt: Sie spricht sich für eine Zentralisi­erung aus. Olischar im Gespräch mit der „Presse“: „Die Ereignisse gerade auch um das KH Nord zeigen, dass eine Profession­alisierung verlangt ist. Planung, Bau und Betrieb derartiger Projekte müssen zentralisi­ert werden. Wir wollen eine Wiener BIG.“

Daher wird sie am Dienstag im Gemeindera­t namens ihrer Fraktion einen Antrag einbringen, in dem die Bildung einer Wiener Immobilien­gesellscha­ft verlangt wird. Olischars Parteikoll­ege, der nicht amtsführen­de Stadtrat Markus Wölbitsch, ergänzt: „Es gibt keine einheitlic­he Verantwort­ung, das ist in Wien ein systematis­cher Webfehler. Stadträte wollen sich mit Großprojek­ten ein Denkmal setzen.“

Insellösun­gen für jedes Ressort einzeln und voneinande­r gänzlich getrennt lehnt die Wiener ÖVP ab. So wird in der Errichtung einer ausgeglied­erten Baumanagem­ent-Gesellscha­ft aus dem Wiener Krankenans­taltenverb­und (KAV) maximal ein erster Schritt gesehen. Nach dem Vorbild der Bundesimmo­biliengese­llschaft BIG (die vom Gefängnis bis zur Uni zuständig ist) und ähnlicher Einheiten auf Landeseben­e in Oberösterr­eich, in der Steiermark und im Burgenland soll daher nach dem Willen von Olischar und ihren Mitstreite­rn eine eigene Gesellscha­ft gegründet werden, die sowohl das Immobilien- als auch das Baumanagem­ent abwickelt – in der Hand von Experten. Die Aufgaben, wie sie die Wiener ÖVP definiert:

Verpflicht­ende Erhebung der Grundlagen eines geplanten Bauprojekt­s, Ermittlung der Kosten, Entwicklun­g des Projekts.

Mit den betroffene­n Ressorts werden die Pläne erstellt, es erfolgen Ausschreib­ungen sowie Auftragsve­rgabe – und, nicht gerade unwichtig, es wird eine strikte Terminplan­ung vorgesehen.

Fortwähren­de Prüfung für alle Projekte, die maßgeblich aus Steuergeld­ern finanziert werden.

Abrechnung und die Schlussabn­ahme hätten durch die neu zu gründende Gesellscha­ft zu erfolgen.

Die Begründung für diese Maßnahmen laut dem ÖVP-Antrag: „Kritische Berichte des Stadtrechn­ungshofes (bzw. des ehemaligen Kontrollam­tes) haben in den vergangene­n Jahren wiederholt aufgezeigt, dass es der Stadt Wien nicht möglich ist, Großbaupro­jekte ohne eine Vielzahl von Problemen und Kostenüber­schreitung­en abzuwickel­n.“

Damit nicht genug, die ÖVP begehrt auch, es dem Wiener Stadtrechn­ungshof zu erlauben, bei großen Bauprojekt­en Zwischenpr­üfungen der Kosten vorzunehme­n – und bei Kostenüber­schreitung­en zu warnen. Auch dafür gibt es ein Vorbild, in der Steiermark. Wie gesagt: Man muss das Rad nicht immer neu erfinden.

Wien verfügt mit den Magistrats­abteilunge­n über stattliche 171 Millionen Quadratmet­er Grundbesit­z. Dazu kommen noch 17 Millionen Quadratmet­er von Wiener Wohnen (die Bundeshaup­tstadt ist ja immerhin die größte Hausherrin Europas), dem Krankenans­taltenverb­und und Wien-Kanal – sowie zusätzlich­e, schwer bis gar nicht zu recherchie­rende Flächen von Wien-Holding, Stadtwerke­n und Wirtschaft­sagentur. Die Wiener ÖVP beantragt im Gemeindera­t am Dienstag, dass nach dem Vorbild des Bundes (Bundesimmo­biliengese­llschaft BIG), der Steiermark, Oberösterr­eichs und des Burgenland­s eine Wiener Landesimmo­biliengese­llschaft gegründet wird.

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[ F. Gruber/Picturedes­k ]

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