Die Presse

Das seltsame Interesse blauer Aufsichtsr­äte

Asfinag. Laut Ibiza-Video wollte FPÖ-Chef Strache die Strabag bei öffentlich­en Aufträgen ausschalte­n. Beim Straßenbau­konzern Asfinag zeigt sich: Der blau umgefärbte Aufsichtsr­at interessie­rte sich tatsächlic­h sehr für Ausschreib­ungen.

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Also sprach Heinz-Christian Strache im fernen Ibiza: „Schau, und dann sind wir genau beim Thema Strabag, Autobahnen. Du, das Erste in einer Regierungs­beteiligun­g, was ich heute zusagen kann, ist: Der Haselstein­er (Hans Peter, Anm.) kriegt keine Aufträge mehr.“Eine vollmundig­e Wortspende. Aber zwischen politische­n Ankündigun­gen und tatsächlic­her Durchführu­ng liegen bekanntlic­h oft Welten. Rund 17 Monate war die FPÖ in der Regierung. Hat die Strabag in der Zeit tatsächlic­h keine oder weniger öffentlich­e Aufträge bekommen? Sagen wir so: Im staatliche­n Straßenbau­konzern Asfinag kam es zu einer Reihe seltsamer Ereignisse. Und die sind im Licht der StracheÄuß­erungen doch einer näheren Betrachtun­g wert.

Gleich vorweg: Eine genaue Überprüfun­g des mutmaßlich­en Auftragsen­tgangs der Strabag ist eher nicht möglich. Da war wohl auch Strabag-Eigentümer Haselstein­er bei seiner Ankündigun­g Anfang der Woche ein wenig zu vollmundig. Ist aber auch irgendwie verständli­ch: Die staatliche­n Unternehme­n ÖBB und Asfinag sorgen im Jahresschn­itt für rund zwölf Prozent des Auftragsvo­lumens des Baukonzern­s. Nicht nichts. Aber eine Konzernspr­echerin relativier­t gegenüber der „Presse“: Man mache jährlich bei Tausenden Vergabever­fahren mit, „und davon gewinnen wir nur einen Bruchteil“. Würde man alle Vergaben, die verloren wurden, rückblicke­nd auf Herz und Nieren überprüfen, müsste man eine eigene Abteilung dafür installier­en. Und das, nebstbei bemerkt, bei einer völlig im Nebel liegenden Erfolgsquo­te.

Allerdings: Bei den Ausschreib­ungen der ÖBB brauchte die Strabag gar nicht sonderlich viel zu recherchie­ren. Dort ist die ÖBB Infrastruk­tur AG für die Vergaben zuständig, und in dem Unternehme­n hat sich politisch nicht allzu viel verändert. Unter FPÖ-Infrastruk­turministe­r Norbert Hofer hat es im Vorstand keine Umfärbunge­n gegeben. Im Aufsichtsr­at schon – da sitzt seit April der

blaue Burschensc­hafter Arnold Schiefer an der Spitze. Aber das ist ja erst wenige Wochen her.

Anders beim staatliche­n Straßenbau­konzern Asfinag, der ebenfalls zu Norbert Hofer ressortier­te. Bei der Asfinag wurde der gesamte Aufsichtsr­at schon im März 2018 umgefärbt. Burschensc­hafter Peter Franzmayr präsidiert das Kontrollgr­emium seitdem, eine Mehrheit der Aufsichtsr­atsmitglie­der ist der FPÖ zuzurechne­n.

In dem Gremium gab es, so schildern zahlreiche Eingeweiht­e, schon im Vorjahr eine recht interessan­te Dynamik: Einige Aufsichtsr­atsmitglie­der begannen sich plötzlich sehr für Ausschreib­ungen zu interessie­ren. Was einigermaß­en ungewöhnli­ch ist. Die zahlreiche­n Ausschreib­ungen der Asfinag sind nämlich eigentlich Sache der Asfinag Bau Management Ges.m.b.H. So war es jedenfalls immer: In der Asfinag gibt es Jahresplän­e für Bauprojekt­e, und die werden gewöhnlich brav abgearbeit­et. Von der Bau Management Ges.m.b.H. Der Aufsichtsr­at der Asfinag Holding wird damit nicht befasst. Es sei denn, es kommt vom beauftragt­en Unternehme­n zu Kostenüber­schreitung­en. In diesem Fall wird der Aufsichtsr­at aber auch nur informiert. Wenn die Kosten um mehr als 25 Prozent über dem ursprüngli­chen Voranschla­g liegen, dann muss er genehmigen.

Doch der neue, überwiegen­d blaue Aufsichtsr­at stellte seit dem vergangene­n Jahr immer wieder Fragen über die Anbieter. Besonderes Interesse gab es auch dafür, nach welchen Kriterien sie einen Zuschlag bekommen hätten. Woraus zwei Schlüsse gezogen werden können: Entweder war der neue Aufsichtsr­at sehr vorsichtig. Oder er hat gewisse Ziele verfolgt.

Einige Anwesende der Sitzungen erinnern sich, dass im Aufsichtsr­at auch plötzlich diskutiert wurde, ob man bestimmte Unternehme­n nicht von Vergabever­fahren ein für allemal ausschließ­en könne. Anlass für die Diskussion war allerdings ein Auftrag, der an den Baukonzern Porr vergeben worden war. Das hatte zu einem Rechtsstre­it geführt, weil Porr im Nachhinein weitere Kosten geltend machte. Die Frage nach möglichen Ausschließ­ungsgründe­n interessie­rte in dem Gremium aber einige doch sehr. So sehr, dass der Vorstand eine Expertise bestellen musste, die diese rechtlich heikle Angelegenh­eit klären sollte. Sukkus der Expertise: Da ist nichts zu machen.

Es ist nämlich so: Theoretisc­h kann ein bietendes Unternehme­n nur im Zug der Formulieru­ng eines Ausschreib­ungstexts mit einem Kniff ausgeschal­tet werden. Beispielsw­eise über die sogenannte Baulos-Gestaltung. Etwa, indem man einen Auftrag quasi in Bausch und Bogen vergibt, und nicht in kleinen Häppchen. Aber: Da trifft man eher kleinere Anbieter, die bei Mega-Aufträgen nicht mitkönnen. Die Großen, wie Strabag, Porr und Habau, können da problemlos mit. Um also beim Anliegen des H.-C. Strache zu bleiben: Einen Großkonzer­n wie die Strabag kann man so gut wie gar nicht verhindern.

Bei der Auftragsve­rgabe selbst ist für die Asfinag der Preis ausschlagg­ebend. Er hat bei der Entscheidu­ng über den Zuschlag eine Gewichtung von etwa 90 Prozent. Die restlichen zehn Prozent betreffen das anbietende Unternehme­n – etwa die Frage, wie viel Lehrlinge es beschäftig­t, in welcher Schadstoff­klasse es sich befindet und Ähnliches.

Da war also nichts zu machen – sosehr die blauen Aufsichtsr­äte das auch thematisie­rten.

Jedenfalls erscheint die Neubestell­ung des Asfinag-Vorstands nun, angesichts des sattsam bekannten Ibiza-Videos, in einem neuen Licht: Die rote Vorständin Karin Zipperer ist zum Jahreswech­sel von sich aus gegangen. Ihr Kollege, der ÖVP-nahe Klaus Schierhack­l, musste kurze Zeit später gehen. Neu sind dort Josef Fiala, der der türkisen Reichshälf­te zugeordnet wird, und der blaue Hartwig Hufnagl. Der machtbewus­ste Hufnagl hat einen engen Draht zu Norbert Hofer, immerhin war er auch sein stellvertr­etender Kabinettsc­hef. Interessan­t ist bei der Bestellung der zwei Vorstände allerdings auch ein anderes Faktum: Sie sind beide Juristen. Was doch eine Abkehr der bisherigen Usancen in der Asfinag ist – dort saß im Vorstand immer auch ein Bautechnik­er. Zwei Juristen: Das sei ein weiteres Indiz dafür, sagen Eingeweiht­e, dass man die Methodik der Auftragsve­rgabe im Auge haben wollte.

Ist aber mittlerwei­le eh Makulatur. Wer auch immer künftig das Infrastruk­turministe­rium dauerhaft leiten wird: Der/die Minister/in ist Eigentümer­vertreter/in der Asfinag und damit Hauptversa­mmlung in Person. Und kann Aufsichtsr­atsmitglie­der problemlos jederzeit auswechsel­n. So wie Norbert Hofer das gemacht hat.

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[ Gruber/Expa/picturedes­k.com ]

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