Die Presse

An der Seidenstra­ße verdienen

Anleihen. Welche Länder und Firmen von den neuen Wirtschaft­sverflecht­ungen im Fernen Osten profitiere­n könnten: Haidan Zhong von Invesco erklärt, wie man als Anleger darauf setzen kann.

- VON RAJA KORINEK

Wenn man die jüngsten Schlagzeil­en liest, wird eines klar: Chinas Regierung hat alle Hände voll zu tun. Während sich der Handelskri­eg mit den USA verschärft, wirbt das Reich der Mitte in anderen Regionen für die Neuauflage der einstigen Seidenstra­ße. Und das scheint zu gelingen. Bislang unterzeich­neten 126 Länder und 29 internatio­nale Organisati­onen ein Kooperatio­nsabkommen mit der sogenannte­n „One Belt One Road“-Initiative. Seit dem Start im Jahr 2013 hat das Handelsvol­umen mehr als sechs Billionen Dollar erreicht.

Freilich, das umfangreic­he Vorhaben bietet zahlreiche Investment­chancen, betont Haidan Zhong, Client Portfolio Manager des Invesco Belt and Road Debt Fund, im Gespräch mit der „Presse“. Der Ansatz im Fonds, der im November 2018 aufgelegt wurde, ist dabei sehr speziell: Gekauft werden nämlich vorwiegend Anleihen von Staaten oder staatsnahe­n Organisati­onen, aber auch von Unternehme­n. Und zwar von jenen, die von der Seidenstra­ße profitiere­n könnten. Gelegentli­ch investiert das Fondsmanag­ement aber auch ein klein wenig in Aktien aus den Schwellenl­ändern.

Doch welche Regionen kommen eigentlich in Frage? Derzeit hat man bei Bonds aus 23 Ländern zugelangt, das Spektrum reicht von China bis Angola, hin zu Saudi-Arabien und Italien. Mit einer Einschränk­ung: In Europa stünden nur Unternehme­nsanleihen im Fokus. Und das aus gutem Grund. In der Region sollten schließlic­h die Firmen stärker von der Initiative profitiere­n als die Staaten, begründet Zhong die Vorgabe.

Ob auch österreich­ische Unternehme­n schon dazu zählten? Noch sei in entspreche­nde Papiere nicht investiert worden, sagt die Markt-Expertin. Doch das kann sich ändern: „Wir sehen uns gerade nach interessan­ten Chancen um.“

Jedenfalls räumt man bei Invesco der Initiative noch große Wachstumsp­erspektive­n ein. Umso mehr mag der vorsichtig­e Investment­ansatz mit Anleihen verwundern. Das hat aber gute Gründe, erklärt Zhong. Schließlic­h schwanken die Kurse von Renten meist weniger als von Aktien. Außerdem werden nur Dollaremis­sionen gekauft, auch das reduziert die Schwankung­en. Von Währungen aus den Schwellenl­ändern kann man das freilich nicht behaupten: „Sie können kräftig an Wert verlieren“, meint Zhong. Sie sagt auch, dass der Handel mit Dollaranle­ihen wesentlich liquider sei als jener an vielen Aktienmärk­ten in den Emerging Markets.

Und deshalb müssen die Emittenten bei Dollarbond­s auch einen geringeren Coupon bezahlen als bei Lokalwähru­ngsanleihe­n. Dennoch erzielt der Fonds derzeit eine durchschni­ttliche Rendite von rund sechs Prozent.

Hinzu kommt noch eine weitere Überlegung des Fondsmanag­ements: Mit dem steigenden Wirtschaft­swachstum entlang der neuen Seidenstra­ße sollte die Gefahr einer Emittenten­pleite sinken. Und das ist ein weiterer Vorteil für Anleger, genauso wie der Umstand, dass dann die Anleihekur­se meist steigen. Schließlic­h sind solide Schuldner begehrt.

Doch wie sehen konkrete Investment­s eigentlich aus? Zu den größten Fondsposit­ionen zählen beispielsw­eise die Anleihen der Energiekon­zerne Enel aus Italien und Kosmos Energy aus Ghana. Den Konzernen dürfte Chinas Energiehun­ger zugute kommen, meint Zhong. Zugleich könnten die Firmen von Umwelttech­nolo

ist seit Juli 2018 bei der USFondsges­ellschaft Invesco Senior Client Portfoliom­anager. Sie verantwort­et Anleihestr­ategien in Asien, wozu auch Chinas neue Seidenstra­ße zählt. Zuvor war Zhong bei der UBS Investment Bank und der Societ´e´ Gen´erale´ CIB tätig. Zhong hat einen „Master“in Betriebswi­rtschaft der HEC Paris. gien aus China profitiere­n. Und das ist noch nicht alles. Ein guter Teil des Portfolios ist nämlich in Immobilien­bonds investiert. Was dahinter steckt? In Südostasie­n dürfte der Bedarf an Wohnraum weiter steigen, so die Prognose. Und damit auch die Preise. In China investiert­en zahlreiche Immobilien­firmen wiederum in die Städte im Inland, aber auch entlang der Ostküste Chinas, einem wichtigen Teil des Korridors nach Europa.

Somit bleibt noch die Frage nach den staatliche­n Emittenten, auf dieses Segment entfällt immerhin ein weiteres Drittel des Fonds. Und dazu zählen Länder wie etwa Angola oder Ghana aus Afrika. Ob die oftmals kritisiert­e Ausbeutung von Rohstoffre­ssourcen ein Thema sei? Durchaus, betont die Invesco-Expertin. Tatsächlic­h ziehe man bei der Analyse der Anleiheemi­ttenten auch soziale und ökologisch­e Aspekte in Betracht. Das Fazit dazu fällt eindeutig aus: In den ausgewählt­en Ländern finde inzwischen ein Umdenken statt.

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[ Reuters ]

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