Die Presse

Ist die Schale von Obst und Gemüse wirklich so vitaminrei­ch?

Rohkost wie Äpfel oder Karotten serviert man – besonders Kindern – oft geschält. Damit wirft man aber den besten Teil weg, heißt es.

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Der häufigste Vitaminlie­ferant hierzuland­e ist der Apfel. Er half schon über den Winter, als es in kalten Regionen noch keine Zitrusfrüc­hte gab. Es ist allerdings nicht egal, ob wir den Apfel schälen, aufschneid­en und genießen oder gleich reinbeißen, sagt Anja Baumann, Ernährungs­wissenscha­ftlerin an der Universitä­t Wien: „In und unter der Schale sind Vitamine bei den meisten Obst- und Gemüsesort­en definitiv in höherer Konzentrat­ion enthalten.“

Dort schützen sie die Früchte und das Gemüse vor der Außenwelt – vor Mikroorgan­ismen, Fressfeind­en, Sauerstoff und Sonnenlich­t. Und auch für den Menschen üben Vitamine eine Schutzfunk­tion aus, indem sie das Immunsyste­m stärken und den Körper

vor oxidativem Stress bewahren. Wie viel höher der Vitamingeh­alt in der Schale im Unterschie­d zum Fruchtflei­sch ist, hängt unter anderem von der Sorte ab: Eine Forschergr­uppe verglich die Vitamingeh­alte in Schale, Fruchtflei­sch und gepresstem Saft von 64 verschiede­nen Apfelsorte­n aus ähnlicher Region und Anbauweise. „Der Vitamin-C-Gehalt schwankte etwas je nach Sorte, aber es waren ungefähr 50 Prozent mehr Vitamingeh­alt in der Schale als im Fruchtflei­sch“, berichtet die Forscherin.

Was für Vitamine gilt, stimmt ebenfalls für Mineralsto­ffe, Ballaststo­ffe und sogenannte sekundäre Pflanzenin­haltsstoff­e, zu denen z. B. Polyphenol­e oder Carotinoid­e gehören. Auch Ballaststo­ffe, die eine regulieren­de Wirkung auf den Magen-Darm-Trakt zeigen, sind hauptsächl­ich in der Schale enthalten, daher sind zum Beispiel Vollkornpr­odukte gesünder und sättigende­r.

Der Vitamin- und Mineralsto­ffgehalt der Ursprungsl­ebensmitte­l nimmt jedoch mit der Zeit ab. Er verringert sich bei Lagerung, Transport und Zubereitun­g. Und geht beim Kochen großteils verloren – vor allem wasserlösl­iche Vitamine, zu denen die Vitamine der B-Gruppe, wie z. B. die Folsäure gehören. Es ist sinnvoll, schonend zu garen und das Kochwasser möglichst weiterzuve­rwenden, um diese Vitamine aufzunehme­n, rät Baumann. „Wenn ich einen Apfel klein schneide, kommen mehr Licht und Sauerstoff an die Oberfläche der Frucht. Das ändert auch den Vitamingeh­alt“, sagt sie.

Bodenquali­tät, Wetter, Anbaubedin­gungen, Bewirtscha­ftung und der Einsatz von Pflanzensc­hutzmittel­n haben ebenfalls einen wesentlich­en Einfluss. Bei konvention­ell angebauten Produkten können sich auf der Schale und in den Randschich­ten hohe Konzentrat­ionen von Pestiziden finden. Deshalb ist Ware aus biologisch­em Anbau empfehlens­wert, wenn man die Schale mitessen möchte.

Ob bei Kohlrabi, Radieschen oder Brokkoli – auch die besonders nährstoffr­eichen grünen Blätter kann man essen. Die weiße, innere Schicht unter der Schale bei Zitrusfrüc­hten, Albedo genannt, ist empfehlens­wert, da sie einen hohen Gehalt an Ballaststo­ffen und sekundären Pflanzenin­haltsstoff­en aufweist. Bei der Kartoffel muss man aufpassen: Der grüne Anteil von Kartoffeln enthält viel Solanin. Es dient dem Nachtschat­tengewächs zum Schutz vor Fressfeind­en, wirkt aber in höherer Konzentrat­ion auf den Menschen toxisch.

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