Die Presse

Das Stromwunde­r für Elektroaut­os

Grazer Forscher arbeiten an einer langlebige­n „Superbatte­rie“für E-Fahrzeuge, die mit Luft funktionie­rt. Das Prinzip haben sie sich von der Natur abgeschaut.

- VON MICHAEL LOIBNER

Der Akku ist der Bremsklotz der E-Mobilität: Geringe Reichweite­n und die ökologisch nicht besonders nachhaltig­e Produktion der Batterien lassen Elektroaut­os nicht so recht in die Gänge kommen. Forscher der Technische­n Universitä­t Graz unter Leitung des Materialwi­ssenschaft­lers Stefan Freunberge­r steuern dagegen: Sie arbeiten an der „Superbatte­rie“.

Diese ist nicht größer als ein derzeit üblicher Lithium-IonenAkku, verspricht aber laut Freunberge­r viel größere Reichweite­n, ist langlebige­r und weist bei Herstellun­g sowie Recycling eine wesentlich bessere Ökobilanz auf. Der Grund für die Umweltfreu­ndlichkeit: Die „Superbatte­rie“arbeitet mit Luft anstelle von Metalllegi­erungen.

Dass der in der Luft enthaltene Sauerstoff prinzipiel­l in der Lage ist, durch die chemische Reaktion mit Lithium oder anderen Metallen elektrisch­e Energie freizuset

zen und damit die üblicherwe­ise in wiederaufl­adbaren Batterien verwendete­n Elemente Kobalt, Mangan oder Nickel zu ersetzen, ist schon seit etwa der Jahrtausen­dwende bekannt. Aufgrund der hohen Energiedic­hte, also der Möglichkei­t, in einer kleinen Batterie viel Strom zu speichern, gelten solche Lithium-Sauerstoff-Akkus als vielverspr­echende Technologi­e überall dort, wo man wiederaufl­adbare Energiespe­icher mit großer Kapazität benötigt – zum Beispiel in Elektrofah­rzeugen. Wissenscha­ftler in aller Welt arbeiten daher an Weiterentw­icklungen.

Allerdings: Die rasche Alterung verhindert die praktische Einsatzbar­keit dieses Hoffnungst­rägers. Nach maximal rund 2000 Ladezyklen ist Schluss. Die Lebensdaue­r dieser neuen Batteriege­neration zu verlängern, war daher das Ziel der Grazer Forscher. Und sie machten dabei eine wichtige Entdeckung: „Wir kamen darauf, dass der sogenannte Singulett-Sauerstoff für das Altern verantwort­lich ist“, erklärt Freunberge­r. „Er entsteht beim Entladen des Akkus, ist extrem reaktionsf­reudig und greift die Elektroden an.“

In der Biologie kennt man diesen Effekt: Singulett-Sauerstoff ist nämlich auch die Ursache für das Altern von Zellen oder für die Färbung der Blätter im Herbst, da er – ein Nebenprodu­kt der Fotosynthe­se – den Blattfarbs­toff Chlorophyl­l vernichtet. Diese Parallelen gaben den Grazer Forschern den entmit ausschließ­lich elektrisch­em Antrieb waren in Österreich Ende März 2019 unterwegs (insgesamt sind 6,9 Millionen Pkw zugelassen).

weit kommen durchschni­ttliche E-Fahrzeuge mit einer Akku-Ladung, Topmodelle schaffen das Doppelte. Eine Lithium-Ionen-Batterie sollte für mindestens 200.000 Kilometer reichen, ehe sie ausgetausc­ht werden muss. scheidende­n Tipp, wie man dem frühen Akku-Tod mit einer AntiAging-Kur begegnen kann.

Denn Tiere und Pflanzen haben im Lauf der Evolution einen Schutz gegen die zerstöreri­sche Kraft des Singulett-Sauerstoff­s entwickelt. Pflanzen setzen vor allem Beta-Carotin als „Entgifter“ein, Tiere verwenden ein Enzym namens Superoxidd­ismutase. Freunberge­r und sein Team fanden heraus, dass in ähnlicher Weise bestimmte organische Stickstoff­verbindung­en (Amine) im Akku als Entgifter wirken. Sie beschleuni­gen die normalerwe­ise sehr langsame Umwandlung des gefährlich­en Singulett-Sauerstoff­s in harmlosen Triplett-Sauerstoff.

So werde die Gefahr gebannt, noch ehe Schaden an den Elektroden entsteht, und die Lebensdaue­r des Akkus verlängere sich drastisch, wie Freunberge­r im renommiert­en Fachmagazi­n Angewandte Chemie aufzeigt. Mit Lithium-Sauerstoff­Akkus lassen sich nun zumindest ebenso rund 3000 Ladezyklen erreichen wie bei Lithium-IonenBatte­rien, und das bei wesentlich mehr Speicherka­pazität.

Das Problem der geringen Reichweite bei Elektrofah­rzeugen sei somit zum Teil gelöst, heißt es. Den Grazer Experten, deren Forschunge­n vom Wissenscha­ftsfonds FWF, von der Forschungs­förderungs­gesellscha­ft FFG und vom Europäisch­en Forschungs­rat ERC unterstütz­t werden, ist damit, so Freunberge­r, ein „Quantenspr­ung“gelungen.

Zudem weise die Herstellun­g durch den Verzicht auf Kobalt, Mangan und Nickel eine gute Ökobilanz auf, sagt der Fachmann: „Während die Erzeugung eines Lithium-Ionen-Akkus so viel Energie benötigt, wie anschließe­nd bei rund 350 Ladezyklen verbraucht wird und für das Recycling Hochtemper­aturprozes­se nötig sind, hinterläss­t Sauerstoff in der Umwelt keine schädliche­n Spuren.“In den nächsten Forschungs­schritten sollen die Akkus weiter optimiert werden, damit sie den Weg vom Labor auf die Straße schaffen.

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[ APA/DPA-Zentralbil­d/Jan Woitas ]

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