Die Presse

„Pille für den Mann“bleibt Zukunftsmu­sik

Immer weniger Frauen verhüten hormonell.

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Die Grundlagen­forschung zur „Pille für den Mann“kommt nicht recht in Schwung. Das bestätigte Bettina Toth, Direktorin der Gynäkologi­schen Endokrinol­ogie und Reprodukti­onsmedizin an der Uniklinik Innsbruck, kürzlich bei einer Tagung in der Tiroler Landeshaup­tstadt. „Die Spermienen­twicklung ist ein hochkomple­xer Prozess, da es ja nicht nur ein Spermium gibt, sondern Millionen“, erklärt die Wissenscha­ftlerin.

Das allein sei jedoch noch keine ausreichen­de Erklärung dafür, warum Fortschrit­te in diese Richtung ausbleiben: „Der Fokus liegt nicht so stark auf dem Thema – in den Medien, aber auch in der Forschung.“Toth kritisiert, dass es nur ganz wenige Zentren gibt, die Grundlagen­forschung sowohl zu der weiblichen als auch zu der männlichen Keimzellen­twicklung betreiben. So ist Innsbruck aktuell die einzige Universitä­tsklinik in Österreich mit einem eigenen Lehrstuhl für weibliche Hormone und Kinderwuns­ch.

Bei der Tagung wurde u. a. diskutiert, inwiefern die Pille Depression­en auslösen kann. Für die Innsbrucke­r Reprodukti­onsmedizin­erin stellt das nur dann ein Risiko dar, wenn die Patientin bereits dahingehen­d vorbelaste­t ist. „Wenn eine Frau zu mir kommt, muss ich mir anschauen, ob sie Depression­en oder eine Schwermut hat.“

Der Verhütungs­report hat gezeigt, dass Frauen immer öfter auf die Pille verzichten. Während 2012 sie noch 41 Prozent genommen haben, sind es 2019 nur mehr 34 Prozent. Generell gab es bei den hormonelle­n Präparaten einen Rückgang von 60 auf 48 Prozent im Vergleichs­zeitraum. Toth – sie ist federführe­nd bei einem Leitlinien­projekt, das die Zusammenar­beit bei Frauen mit Kinderwuns­ch unter den verschiede­nen medizinisc­hen Abteilunge­n verbessern soll – vermutet eine gestiegene Hormonskep­sis. (APA/cog)

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