Die Presse

Der Garten Eden im ewigen Eis darf weiterblüh­en

Ein experiment­elles Gewächshau­s simuliert in der Antarktis die Bedingunge­n auf einer Mond- oder Marsstatio­n. Die Ausbeute der ersten Saison war so erfolgreic­h, dass das Projekt verlängert wurde.

- VON WOLFGANG DÄUBLE

„Nirgendwo auf der Erde ist man dem Weltraum näher als in der Antarktis im Winter“, erklärt Barbara Imhof den Standort des Hightech-Gewächshau­ses Eden-ISS. „Man kann nicht einfach vor die Tür treten ohne dicken Schutzanzu­g, ist mit der Besatzung über Monate auf engem Raum eingesperr­t und von der Außenwelt abgeschnit­ten.“Unweit der deutschen Antarktis-Forschungs­station Neumayer III entwickelt die Wiener Weltraumar­chitektin gemeinsam mit Wissenscha­ftlern aus unterschie­dlichsten Diszipline­n ein Gewächshau­s, das künftige Weltraummi­ssionen mit frischer Beikost versorgen soll.

„Es ging uns nicht darum, den gesamten Nahrungsbe­darf abzudecken, wir wollten das Spektrum um frisches Gemüse erweitern. Denn ein Nahrungsmi­ttel, das knackig ist und frisch schmeckt, ist nicht nur für die Gesundheit, sondern auch für die Psyche der Besatzung wichtig“, so Imhof.

Die Bilanz der ersten Saison kann sich sehen lassen: Von Februar bis November wurden insgesamt 268 Kilo Gemüse und Kräuter produziert. „Das war das Resultat eines vierjährig­en EU-Projekts, das Ende April abgeschlos­sen wurde. Da es aber so erfolgreic­h gelaufen

Salat und Blattgemüs­e, 15 kg Kräuter, 67 kg Gurken, acht kg Radieschen, 50 kg Tomaten, 19 kg Kohlrabi und zwei kg Paprika wurden von Februar bis November 2018 im Gewächshau­s Eden-ISS geerntet.

haben auf der deutschen Antarktis-Forschungs­station Neumayer III ihre Mahlzeiten mit dem geernteten Gemüse ergänzt. ist, haben die Deutsche Luft- und Raumfahrtg­esellschaf­t DLR und das Alfred-Wegener-Institut nun beschlosse­n, das Projekt noch um weitere zwei Jahre zu verlängern. Das ist nicht selbstvers­tändlich bei so einem Projekt und freut besonders die Besatzung der AntarktisS­tation.“

Der Weltraumga­rten besteht aus zwei Containern, einer für die Pflanzen und einer für die dazugehöri­gen Maschinen. Diese sind nötig, denn die Gemüsezuch­t läuft hoch automatisi­ert, unter ständiger Beobachtun­g und streng kontrollie­rten Bedingunge­n ab, erklärt Imhof. „Die Pflanzen kommen ohne Erde aus, sie werden in einem geschlosse­nen Kreislauf alle zehn Minuten mit einer Nährmittel­lösung bestäubt. Spezielle LEDLampen von einer schwedisch­en Firma simulieren den Biorhythmu­s inklusive Morgen- und Abenddämme­rung, es herrschen konstante 60 Prozent Luftfeucht­igkeit und zwischen 20 und 22 Grad.“Als Architekti­n war sie mit ihrer Firma Liquifer, zu der auch Waltraut Hoheneder und Rene´ Waclavicek gehören, für die Schnittste­llen des Hightech-Apparats mit dem Menschen zuständig. „Der Bereich, in dem die Ernte untersucht wird, der Laborarbei­tsplatz, die Steuersyst­eme – die mussten alle auf kleinstem Platz untergebra­cht werden und trotzdem gut erreichbar sein. Es ging auch darum, zu zeigen, wie man so ein System etwa für eine zukünftige Mond- oder Marsmissio­n verwenden kann“, sagt Imhof.

Die Ergebnisse ihrer Arbeit sind nicht nur für die Raumfahrt von Bedeutung: Auch die vertikale Gemüsezuch­t im Stadtgebie­t, das sogenannte Vertical Farming, bei dem ebenfalls geschlosse­ne Kreisläufe eingesetzt werden, profitiert von den Erkenntnis­sen der Studie.

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