Die Presse

Begnadigun­gspolitik für Mörder

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Die ÖVP bewies es, indem sie 1949 vor den Nationalra­tswahlen in Oberweis mit hochrangig­en ehemaligen Partei- und SS-Größen paktierte. Die SPÖ stellte den Justizmini­ster, der die Begnadigun­gen vorschlug, und den Bundespräs­identen, der sie unterschri­eb. Hätte sie nicht geglaubt, damit im Sinne der kleinen Nazis, also einer großen Zahl von Wählern zu handeln, wäre eine Begnadigun­gspolitik, die auch einer Unzahl von Mördern, Sadisten, Räubern und Denunziant­en zugute kam, kontraprod­uktiv gewesen. Damit haben beide damaligen Großpartei­en alle heiligen Schwüre, die innere Befriedung werde die „echten Kriegsverb­recher“nie und nimmer einschließ­en, selbst als Lügen bloßgestel­lt und die Justiz der Politik verfügbar gemacht. Während sich die unabhängig­en Gerichte, zumindest ein Teil der Senate, noch immer um gerechte Urteile bemühten, stellte die Begnadigun­gspolitik faktisch die „Idealisten“mit den Mördern auf eine Stufe und verordnete damit dem Land einen bis heute spürbaren negativen Lernprozes­s in politische­r Moral.

Ein SPÖ-Politiker wie Friedrich Hillegeist, der in Polen Oskar Schindler, dem Retter der 1200 Juden, bei seinen Aktionen geholfen hatte, wusste schon, warum er darüber nach dem Krieg kein Wort verlor. Der ehemalige Nazi-Landeshaup­tmann Tobias Portschy, der 1949 zu 15 Jahren Haft verurteilt und 1951 begnadigt worden war und noch 1992 über die Roma sagte: „Schmarotze­r sind Schmarotze­r“, ließ sich in Rechnitz nieder, wurde Präsident des Aufsichtsr­ates einer örtlichen Bank und Obmann des Fremdenver­kehrsverba­ndes und pflegte gute Beziehunge­n zu Landespoli­tikern. Wer sich nicht anpasste, die große Zahl der Nazigegner wurde in diesem Klima

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