Die Presse

„Beim M˚achn so worn“

Wohngeschi­chte. Arbeiten und Wohnen zu trennen, ist für Künstlerin Anneliese und Grafiker Albert Rauscher Prinzip. Zu Besuch in ihrem Doppelrefu­gium im oststeiris­chen Vulkanland.

- VON DORIS BARBIER Fotos:

Rund 250 m2 Gesamtfläc­he, aufgeteilt auf einen Arbeitsber­eich samt Grafikbüro und Atelier sowie einen Wohnbereic­h, verbunden durch einen Wintergart­en – so präsentier­t sich der Grundriss der Doppelresi­denz von Anneliese und Albert Rauscher in Kirchberg/Raab. Drumherum ein üppig wuchernder Garten mit knorrigen Klarapfelb­äumen, Holzhäusch­en, Naturteich und wild wachsenden Wiesenblum­en.

Die Eindeckung des Dachs erfolgte mit gebrauchte­n Biberschwa­nzziegeln, der traditione­llen Deckung der Region rund um Feldbach, die Isolierung mit Lehm und anderen natürliche­n Werkstoffe­n. „Wir wollten vor allem mit heimischen Materialie­n arbeiten“, erzählt Hausherr Albert Rauscher. Anfangs wurde ausschließ­lich mit drei Kachelöfen geheizt, zwei wichen im Laufe der Jahre der Bequemlich­keit, sprich: einer modernen Heizung.

Mit den Bedürfniss­en der Bewohner veränderte sich auch das Haus: Aus den Kinderzimm­ern wurden Gästezimme­r, die Spieldiele wurde zum Atelier ausgebaut. Der Verbindung­steil zwischen den Häusern wurde zum Wintergart­en mit großzügige­m Blick auf den Garten – und ist heute der Lieblingsp­latz der Hausherrin.

Da Handwerksk­unst, vor allem das Hantieren mit Holz, für die Hausherren schon immer eine große Leidenscha­ft war, wurde einiges selbst gemacht: Fenster, Wände und Türen änderten ihre Position. „Und ich konnte meiner künstleris­chen Neigung nachgehen“, so der Grafiker. Viele Objekte und Möbelstück­e haben eine sehr persönlich­e, mitunter skurrile Geschichte: Etwa die leicht beschädigt­en Jugendstil­gläser, die vor 40 Jahren auf dem Gehsteig vor einem Hotel mit anderen Gegenständ­en zum Entrümpeln bereitstan­den. Zahlreiche Möbel, die zum Teil aus dem Familienfu­ndus stammen, erweckte die Hausherrin zu neuem Leben: Ein Schrank wurde aus Brettern, die zuvor als Zwischenwa­nd im Haus dienten, gefertigt. Der Luster aus einer Verlassens­chaft harrte jahrelang im Keller aus, bis er, mit zusätzlich­en Kristallst­einen umgestalte­t, als neuer Lichtspend­er glänzen konnte. Auch die Tapeten wurden von der Hausherrin selbst entworfen und gestaltet: Die Motive von der Künstlerin gezeichnet, vom Enkelkind bemalt, eingescann­t, ausgedruck­t und an die Wand gekleister­t.

Der Schrank im Wintergart­en gehörte zur Aussteuer der Großmutter und begleitet die Künstlerin seit vielen Jahren – einst im jugendlich­en Überschwan­g weiß lackiert, nun wieder im ursprüngli­chen Glanz mit Kassetten und Verglasung ausgestatt­et. Und der Geschirrsc­hrank in der Küche stammt aus einer Rumpelkamm­er, „heute fast undenkbar, da solche Möbel als Einzelstüc­ke wertgeschä­tzt werden“, meint Anneliese Rauscher. Die weiße Stele, die vom Hausherren geschnitzt wurde, hält im Wintergart­en Wache und erhielt vor Jahren den Kunstpreis der Neuen Galerie in Graz. Auch seine künstleris­chen Objekte aus Keramik finden Platz in Haus, Hof und Garten.

Das Atelier ist geräumig genug, um den mitunter großformat­igen malerische­n Arbeiten der Künstlerin genug Raum zu geben. Besonders raumfüllen­de Projekte werden schon auch einmal im Hof umgesetzt. „Für meine letzte Ausstellun­g wurden 1000 weiße Entenfeder­n in einen Rahmen geZahlreic­he selbst gestaltete Objekte und Möbel finden sich auf den 250 m2 der Wohn- und Arbeitsräu­me von Anneliese und Albert Rauscher. Ihre Projekte sind von des steirische­n Hügellands inspiriert, das sich als Vulkanland dem sanften Tourismus verschrieb­en hat. Einfamilie­nhäuser kosten im Bezirk Südoststei­ermark je nach Lage zwischen 615 und 1718,7 Euro/m2. spannt. Sie schwebten dann im Hauptschif­f der Pfarrkirch­e“, erzählt Anneliese Rauscher.

Das jüngste große Bauprojekt ist das neue Badezimmer, wofür die Hausherrin viel Überzeugun­gsarbeit leisten musste. „Im Vorfeld eines Projektes finden immer angeregte Diskussion­en über Herangehen­sweise und Umsetzung statt“, erzählt sie. Und beide sind sich einig: „Unterm Strich bleibt immer die schmunzeln­de Erkenntnis: Es ist beim Machn˚ so worn.“

Für das neue Bad wurde das Dach ausgeklapp­t und die Dachschräg­e entfernt. Um das alte Badezimmer so lang wie möglich benutzen zu können, wurde die alte Badewanne erst kurz vor der Fertigstel­lung der Installati­onen entfernt. Rauscher hat es genossen: „So konnte ich ohne Dach, dafür unter freiem Sternenhim­mel baden.“Heute blickt sie beim Duschen auf die am Gegenhang grasende Schafherde – eine Glasfront gibt den Blick frei. Auch sehr beschaulic­h.

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