Die Presse

Warum die EU-Armee eine Illusion ist

Trotz gegenteili­ger Rhetorik war die EU sicherheit­spolitisch und militärisc­h noch nie so abhängig von den USA wie heute.

- VON ERICH VAD

Schon lange beschäftig­en sich die Europäer mit der Idee der Aufstellun­g einer europäisch­en Armee. Erste Versuche gab es bereits bei Karl dem Großen, bei Napoleon und Hitler, von der „Fremdenleg­ion“einmal abgesehen. Ernsthafte Pläne im 20. Jahrhunder­t gehen zurück auf den gescheiter­ten Rene-PlevenPlan in den fünfziger Jahren. Danach gab es zahlreiche weitere, ehrgeizige Initiative­n der Europäer, sich der Vision einer europäisch­en Verteidigu­ngsunion und Armee wenigstens anzunähern: Die 1954 gegründete Westeuropä­ische Union (WEU) mit ihrer starken Beistandsv­erpflichtu­ng – zumindest auf dem Papier –, von der in den 1990er-Jahren nur noch die „Petersberg-Aufgaben“der EU vorwiegend im militärisc­hen „SoftPower-Bereich“übrig blieben. Dann die gescheiter­te Idee der Aufstellun­g einer europäisch­en

Eingreiftr­uppe bis zu 60.000 Soldaten auf dem Europäisch­en Rat in Helsinki 1999 bis hin zur Aufstellun­g der „EU-Battle-Groups“im Jahre 2004, an denen sich auch Österreich beteiligte. Diese kleinen militärisc­hen Formatione­n der EU kamen ebenso wie das Eurokorps oder die deutsch-französisc­he Brigade nie geschlosse­n zum Einsatz.

Diese und andere europäisch­e Initiative­n waren im Ergebnis ebenso ernüchtern­d wie die jüngste, die sogenannte „PESCO“-Initiative aus dem Jahr 2017. Auch mit Blick auf diese Vereinbaru­ng einer ständigen, strukturie­rten Zusammenar­beit dominieren ehrgeizige, nicht klar definierte, vielseitig interpreti­erbare und widersprüc­hliche Zielvorste­llungen, allesamt weit davon entfernt, dem Ziel einer europäisch­en Armee näher zu kommen.

Wie will man auch angesichts des offenen, politische­n Rahmens und der nicht absehbaren Finalität der europäisch­en Integratio­n ernsthaft eine europäisch­e Armee aufstellen? Nach Clausewitz ist das jedenfalls unmöglich.

Man sollte sich daher bei der Frage, ob die Aufstellun­g einer EUArmee sinnvoll ist, weniger an Visionen und wohlfeiler politische­r Rhetorik als an den Realitäten der europäisch­en Sicherheit­spolitik orientiere­n:

I1. Alle EU-Staaten zusammen kommen auf etwa 50 Prozent des amerikanis­chen Verteidigu­ngsetats, ihre militärisc­he und operative Effizienz liegt u. a. aufgrund fehlender Interopera­bilität und Verlegbark­eit deutlich darunter, bei rund 20–30 Prozent im Vergleich zur amerikanis­chen. Die EU-Mitgliedss­taaten verfügen über mehr als zwei Millionen Soldaten, die für die meisten militärisc­hen Out-of-Area-Missionen jedoch nicht zu gebrauchen sind. Selbst bei kleineren Militärein

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