Neue Regeln für MozartVerkäufer
Konflikt. Die Kartenverkäufer im Mozart-Gewand gehören seit Jahrzehnten zum Wiener Stadtbild, sind aber umstritten. Warum reagiert die Politik erst jetzt? Und was sagen Betroffene zur Kritik?
Was sagen Politik, Bevölkerung und die Mozarts selbst zu den neuen Einschränkungen?
Wien. Vivaldis „Vier Jahreszeiten“, Mozarts „Zauberflöte“und Strauss’ „Wiener Blut“– er zeigt einem Paar sein Angebot und führt es zur Kasse im Inneren der Staatsoper. Er – mit Dreitagebart, Sonnenbrille und Weißhaarperücke – ist Mozart. Also einer von vielen Mozarts.
Er und seine Kollegen verkaufen vor dem Stephansdom, der Oper und dem Burgtheater Karten für klassische Konzerte. Diese sogenannten Mozart-Verkäufer sind in Wien umstritten. Es heißt, sie würden Passanten belästigen, Touristen abzocken, und noch dazu seien ein paar illegale Verkäufer dabei. Stimmt das alles?
Was sagt die Politik?
Die MA 59 (Marktservice und Lebensmittelsicherheit) kontrolliert, ob gewerberechtliche Vorschriften eingehalten werden. Wenn nicht, folgt ein Verwaltungsstrafverfahren. Klar ist: Jeder Verkäufer muss bei einem Veranstalter angemeldet sein und darf nur für ihn Tickets verkaufen. Unter welchem Titel die Verkäufer angestellt sind, ist laut Wirtschaftskammer (WKO) egal. Bezahlt werden sie auf Provisionsbasis. Laut MA 59 sind etwa fünf Prozent der Mozart-Verkäufer unangemeldet unterwegs. Diese würden bei Kontrollen oft verschwinden und später wieder auftauchen.
Bisher gab es für den öffentlichen Kartenverkauf laut WKO zwei Rechtslücken. In der Straßenverordnung ist festgelegt, wer welche Ware auf der Straße verkaufen darf. Eintrittskarten werden aber nicht als Ware deklariert, sie gelten als „Wertpapier“. Bis heute gibt es keine Regelung für den Kartenverkauf im öffentlichen Raum.
Die zweite Lücke findet sich im Gebrauchsabgabegesetz. Für die Nutzung des öffentlichen Raums durch Schanigärten zum Beispiel muss ein festgelegter Tarif gezahlt werden. Der Vertrieb von Eintrittskarten war bisher aber nicht so geregelt. Mit der für September geplanten Novelle kommt die sogenannte Tarifpost auch für Straßenverkäufer – für jeden Verkäufer soll dann eine Abgabe von 150 Euro pro Monat kommen. Zudem sollen Standplätze für sie definiert werden. Markus Figl, ÖVP-Bezirksvorsteher im ersten Bezirk, und Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke (SPÖ) wollen so die Zahl der Mozart-Verkäufer in der Innenstadt verringern („Die Presse“berichtete).
Was sagen die Wiener?
Eine Umfrage von Wien Tourismus im Vorjahr ergab: Von 3650 befragten Wienern (18 bis 70 Jahre) sind 94 Prozent dem Tourismus in ihrer Stadt „sehr positiv“gesinnt. Die „Regulierung von Straßenverkäufern, welche touristische Angebote verkaufen“, hielten 58 Prozent der Befragten für (sehr) wichtig. Konkret wurden die Mozart-Verkäufer nicht thematisiert, sie fallen aber in diese Kategorie. „Die Wiener stört die schnelle Geschäftemacherei auf der Straße“, sagt Walter Straßer, Pressesprecher bei Wien Tourismus. Die Touristen hingegen würden sich wenn, dann über die Qualität der Konzerte ärgern, so Straßer: „Einige Angebote sind gut, bei anderen werden die Versprechen nicht erfüllt. Da treten drei Musiker statt wie auf der Broschüre abgebildet zwölf auf.“
Dompfarrer Anton Faber befürwortet die Initiative der Stadt. Besucher würden sich beschweren, der Domeingang werde durch die Verkäufer blockiert. Kürzlich habe er 40 Mozarts auf einmal gezählt. Und für die Domkonzerte seien sie „geschäftsschädigend“.
Was sagen die Mozarts?
Die Betroffenen können Beschwerden über sie nicht nachvollziehen. Sie würden niemanden stören, sondern mit Infos und guten Angeboten den Touristen helfen. „Unsere Verkäufer sind Profis. Die wissen, wer Wiener ist und wer Tourist. Das sind ganz normale Angestellte, die ihren Job machen“, sagt Sakiri Nedzati. Seine Mitarbeiter vom Barockorchester verkaufen Konzertkarten für das Palais Schönborn. Dass er bald Abgaben für sie zahlen muss, versteht er nicht: „Natürlich werden wir zahlen, aber was bekommen wir dafür?“Gerald Grünbacher vom Mozart-Orchester kommentiert die Novelle gelassen: „Ich warte mal ab. Neue Gesetze sind ohne Kontrolle sinnlos. Wenn sich nichts ändert, kommt wieder etwas Neues.“