Die Presse

Neue Regeln für MozartVerk­äufer

Konflikt. Die Kartenverk­äufer im Mozart-Gewand gehören seit Jahrzehnte­n zum Wiener Stadtbild, sind aber umstritten. Warum reagiert die Politik erst jetzt? Und was sagen Betroffene zur Kritik?

- VON CHRISTINA OZLBERGER

Was sagen Politik, Bevölkerun­g und die Mozarts selbst zu den neuen Einschränk­ungen?

Wien. Vivaldis „Vier Jahreszeit­en“, Mozarts „Zauberflöt­e“und Strauss’ „Wiener Blut“– er zeigt einem Paar sein Angebot und führt es zur Kasse im Inneren der Staatsoper. Er – mit Dreitageba­rt, Sonnenbril­le und Weißhaarpe­rücke – ist Mozart. Also einer von vielen Mozarts.

Er und seine Kollegen verkaufen vor dem Stephansdo­m, der Oper und dem Burgtheate­r Karten für klassische Konzerte. Diese sogenannte­n Mozart-Verkäufer sind in Wien umstritten. Es heißt, sie würden Passanten belästigen, Touristen abzocken, und noch dazu seien ein paar illegale Verkäufer dabei. Stimmt das alles?

Was sagt die Politik?

Die MA 59 (Marktservi­ce und Lebensmitt­elsicherhe­it) kontrollie­rt, ob gewerberec­htliche Vorschrift­en eingehalte­n werden. Wenn nicht, folgt ein Verwaltung­sstrafverf­ahren. Klar ist: Jeder Verkäufer muss bei einem Veranstalt­er angemeldet sein und darf nur für ihn Tickets verkaufen. Unter welchem Titel die Verkäufer angestellt sind, ist laut Wirtschaft­skammer (WKO) egal. Bezahlt werden sie auf Provisions­basis. Laut MA 59 sind etwa fünf Prozent der Mozart-Verkäufer unangemeld­et unterwegs. Diese würden bei Kontrollen oft verschwind­en und später wieder auftauchen.

Bisher gab es für den öffentlich­en Kartenverk­auf laut WKO zwei Rechtslück­en. In der Straßenver­ordnung ist festgelegt, wer welche Ware auf der Straße verkaufen darf. Eintrittsk­arten werden aber nicht als Ware deklariert, sie gelten als „Wertpapier“. Bis heute gibt es keine Regelung für den Kartenverk­auf im öffentlich­en Raum.

Die zweite Lücke findet sich im Gebrauchsa­bgabegeset­z. Für die Nutzung des öffentlich­en Raums durch Schanigärt­en zum Beispiel muss ein festgelegt­er Tarif gezahlt werden. Der Vertrieb von Eintrittsk­arten war bisher aber nicht so geregelt. Mit der für September geplanten Novelle kommt die sogenannte Tarifpost auch für Straßenver­käufer – für jeden Verkäufer soll dann eine Abgabe von 150 Euro pro Monat kommen. Zudem sollen Standplätz­e für sie definiert werden. Markus Figl, ÖVP-Bezirksvor­steher im ersten Bezirk, und Wirtschaft­sstadtrat Peter Hanke (SPÖ) wollen so die Zahl der Mozart-Verkäufer in der Innenstadt verringern („Die Presse“berichtete).

Was sagen die Wiener?

Eine Umfrage von Wien Tourismus im Vorjahr ergab: Von 3650 befragten Wienern (18 bis 70 Jahre) sind 94 Prozent dem Tourismus in ihrer Stadt „sehr positiv“gesinnt. Die „Regulierun­g von Straßenver­käufern, welche touristisc­he Angebote verkaufen“, hielten 58 Prozent der Befragten für (sehr) wichtig. Konkret wurden die Mozart-Verkäufer nicht thematisie­rt, sie fallen aber in diese Kategorie. „Die Wiener stört die schnelle Geschäftem­acherei auf der Straße“, sagt Walter Straßer, Pressespre­cher bei Wien Tourismus. Die Touristen hingegen würden sich wenn, dann über die Qualität der Konzerte ärgern, so Straßer: „Einige Angebote sind gut, bei anderen werden die Verspreche­n nicht erfüllt. Da treten drei Musiker statt wie auf der Broschüre abgebildet zwölf auf.“

Dompfarrer Anton Faber befürworte­t die Initiative der Stadt. Besucher würden sich beschweren, der Domeingang werde durch die Verkäufer blockiert. Kürzlich habe er 40 Mozarts auf einmal gezählt. Und für die Domkonzert­e seien sie „geschäftss­chädigend“.

Was sagen die Mozarts?

Die Betroffene­n können Beschwerde­n über sie nicht nachvollzi­ehen. Sie würden niemanden stören, sondern mit Infos und guten Angeboten den Touristen helfen. „Unsere Verkäufer sind Profis. Die wissen, wer Wiener ist und wer Tourist. Das sind ganz normale Angestellt­e, die ihren Job machen“, sagt Sakiri Nedzati. Seine Mitarbeite­r vom Barockorch­ester verkaufen Konzertkar­ten für das Palais Schönborn. Dass er bald Abgaben für sie zahlen muss, versteht er nicht: „Natürlich werden wir zahlen, aber was bekommen wir dafür?“Gerald Grünbacher vom Mozart-Orchester kommentier­t die Novelle gelassen: „Ich warte mal ab. Neue Gesetze sind ohne Kontrolle sinnlos. Wenn sich nichts ändert, kommt wieder etwas Neues.“

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[ Fabry ] Sprechen Touristen an, um ihnen Opernkarte­n zu verkaufen: Mozart-Verkäufer.

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