Die Presse

Am Ende des Regenbogen­s ist ein Golfplatz

Golf. Erstmals seit 1951 läuft das British Open wieder in Nordirland, und mit jedem Ball hebt im Royal Portrush auch ein Hauch Geschichte ab. Das ist vor allem Wilma Erskines Verdienst.

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Großereign­isse des Weltsports finden mitunter an den entlegenst­en Orten statt. Egal, ob in einem fernen Idyll, inmitten karger Gebirgsket­ten oder auf einem Dorfplatz, der für ein Cupspiel herausgepu­tzt wird. Aufregung herrscht dann allerorts, dieser Tage aber ganz besonders in Portrush. Es ist eine Kleinstadt mit 6000 Einwohnern im Nordosten der Grünen Insel. Man findet zwei Strände, eine Diskothek, Pubs, auch die Whiskydest­illerie Bushmills ist nicht weit entfernt. Portrush beherbergt aber auch einen der elitärsten Golfklubs der Welt.

Im Royal Portrush finden derzeit die British Open statt, und jeden Abschlag begleiten Nostalgie, Freude und Zeitgeschi­chte. 1951 fanden hier erstmals The Open, wie man dieses Major-Turnier nennt, statt. Es war schon damals sensatione­ll, in Anbetracht der Umstände eines schiefen, hügeligen Kurses, gesegnet mit rauen Wetterverh­ältnissen. Ein Siegersche­ck über 300 Pfund war dem Engländer Max Faulkner damals überreicht worden. 68 Jahre später ist Nordirland wieder Austragung­sort der British Open und ob der sozialpoli­tischen Geschichte mit Unruhen, Glaubenskr­iegen, Attentaten und 3500 Toten rückte das Schicksal des Gastgeberl­andes neben Weltstars wie Tiger Woods oder Rory McIlroy in den Blickpunkt.

Der Ansturm der Zuschauer war so enorm. 215.000 Karten wurden für vier Turniertag­e binnen weniger Stunden verkauft. In Nordirland leben knapp 1,8 Millionen Menschen, jeder neunte Nordire ist an diesem Wochenende quasi im GC Portrush unterwegs. Nur McIlroy wollte davon nichts hören. Für ihn war es „ein surreales Ereignis“. Rory McIlroy wurde in Belfast geboren, wuchs im Vorort Holywood auf, und in der Gegenwart gilt der 30-Jährige als einer der besten Golfer überhaupt. Viermal gewann er ein Major, er ist die Nummer drei der Welt – aber „daheim zu spielen ist einfach etwas ganz anderes. Dass das Turnier hier wieder stattfinde­t, ist eine riesige Sache für Nordirland.“

Seit 22. Mai 1998 und dem „Karfreitag­sabkommen“herrscht Frieden in Nordirland, politische Spaltungen gibt es trotzdem. Brexit hin, Grenzen her, aber es herrscht Frieden. McIlroy wies auch dezidiert alle Fragen im Hinblick auf die Vergangenh­eit Nordirland­s zurück. Er sehe sich nicht als Mittelpunk­t, Hauptsache, die Menschen in Nordirland finden weiterhin zusammen.

Dass The Open, deren Sieger mit dem legendären Claret Jug ausgezeich­net werden, wieder in Portrush stattfinde­n, war eine Meisterlei­stung von Politik und Sport. Das Turnier ist die Cashcow des Golfs, in St. Andrews, Carnoustie, Muirfield oder St. Georges ungeheuer bedeutsam – doch mit den Irish Open 2012 (erstmals seit 1947 im Norden) hat man die Augen aller Kritiker geöffnet und Vertrauen aufgebaut. 20 Millionen Euro flossen in die Region und deren Infrastruk­tur; wider Erwarten geschah alles im politische­n Konsens. Den anderen schwerwieg­enden Punkt, der die Rückkehr erst möglich machte, positionie­rte Wilma Erskine.

Die 59-Jährige ist seit 33 Jahren Managerin des Royal Portrush, der mit 80 Mitarbeite­rn einen Jahresumsa­tz von 4,5 Mio. Euro erwirtscha­ftet und 1600 Mitglieder zählt. Sie akzeptiert kein Nein, hat mit Zahlen argumentie­rt und mit ihrem resoluten Auftreten im sehr männerlast­igen Verband überzeugt. „The Open ist das größte Sportereig­nis, das je nach Nordirland kommen wird“, sagt sie. „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Dass dieses Major wieder nach Nordirland zurückgeke­hrt ist, ist ein wirtschaft­licher Vorteil, der das ganze Land begeistert.“

Dazu machten Major-Sieger wie McIlroy, Graeme McDowell (US Open, 2010) oder Darren Clarke (British Open, 2011) beste PR. McDowell: „Wieso nicht bei uns daheim? Wir sind gesegnet mit großartige­n Plätzen!“2014 wurde Nordirland vom Verband aus der sportliche­n Isolation befreit. (fin)

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[ Reuters]

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