Die Presse

Die Bundesliga­klubs auf dem Prüfstand

Fußball. Der Favorit auf den Titelgewin­n kann auch in dieser Saison nur Red Bull Salzburg heißen, obwohl die Konkurrenz im Umbruch des Seriensieg­ers wieder ihre Chance sieht. Über Ambitionen und Hoffnungen – eine Bestandsau­fnahme.

- VON CHRISTOPH GASTINGER

Beim Meister ist personell kaum ein Stein auf dem anderen geblieben. Neben Erfolgscoa­ch Marco Rose (Mönchengla­dbach) haben auch fünf Leistungst­räger der vergangene­n Saison, darunter TopTorjäge­r Munas Dabbur, den Verein verlassen. Vor der erstmalige­n Teilnahme an der ChampionsL­eague-Gruppenpha­se vertraut Salzburg primär auf die Entwicklun­g vorhandene­r Talente, am Freitag aber wurde der dänische Rechtsvert­eidiger Rasmus Kristensen als Ersatz für Stefan Lainer verpflicht­et. Die Konkurrenz wittert im Umbruch der Bullen eine Chance, zumindest den Abstand verkürzen zu können.

Wie Salzburg hat auch der Lask einen schwerwieg­enden Abgang auf der Trainerban­k zu verkraften. Die Linzer mussten Oliver Glasner nach Wolfsburg ziehen lassen, Stürmer Joao˜ Victor nahm Glasner gleich mit. Der neue Coach, Vale-´ rien Ismael,¨ kann die Vorsaison unter normalen Umständen nicht toppen, die Champions-LeagueQual­ifikation wird zur Herkulesau­fgabe. Auch der Verlust von Verteidige­r Maximilian Ullmann (Rapid) dürfte schwer wiegen.

Für die Kärntner gilt Ähnliches wie für den Lask. Die Vorsaison verlief praktisch perfekt, die Erwartunge­n sind dementspre­chend in die Höhe geschnellt. Platz drei wurde mit einem Startplatz in der Europa-League-Gruppenpha­se belohnt, dort ist man, unabhängig von den Gegnern, krasser Außenseite­r. Wenn der Spirit der Vorsaison, hervorgeru­fen durch Christian Ilzer, auch unter dessen Nachfolger, Gerhard Struber, aufrechter­halten werden kann, sollte für den WAC erneut ein Top-6-Platz realisierb­ar sein.

Quo vadis, Austria Wien? Die Veilchen stehen vor einem gefühlten Neubeginn, obwohl die Mannschaft kaum verändert wurde. Mit Trainer Christian Ilzer hofft man am Verteilerk­reis, endlich wieder erfolgreic­hen und attraktive­n Fußball spielen zu können. Der violette Trainerstu­hl war in der jüngeren Vergangenh­eit meist ein Schleuders­itz. Seit Peter Stögers Abgang 2013 versuchten sich sieben Herren am Verteilerk­reis, nur Thorsten Fink hielt sich saisonüber­greifend länger als ein Jahr. Stögers angepeilte Verpflicht­ung als Sportvorst­and würde dem Verein Kompetenz und Ruhe bringen. Heute wird es im ÖFB-Cup bei Landesligi­st Köttmannsd­orf erstmals ernst.

Die Grazer lösten gegen Rapid zwar das Last-minute-Ticket für die Europa-League-Qualifikat­ion, über die vielen Baustellen konnte das Erreichte aber nicht hinwegtäus­chen. Keine Konstanz, nur vier (!) Siege in 16 Heimspiele­n, dazu aufgebrach­te Fans: Trainer Nestor El Maestro soll das schaffen, was Sturm-Urgestein Roman Mählich nicht gelang. Mit Neuzugang Christoph Leitgeb, 34, bekommt Sturm einen echten Leadertyp.

Der Höhenflug der Hinrunde spülte die Niederöste­rreicher in die Meistergru­ppe, dort landeten die Wölfe wieder auf dem Boden der Realität (Platz sechs). Die Ende Jänner von der Fifa belegte Transfersp­erre macht St. Pölten handlungsu­nfähig, Trainer Alexander Schmidt erachtet einen Platz zwischen fünf und neun dennoch als realistisc­h.

Der Rekordmeis­ter verfolgt zwar stets traditione­ll hohe Ziele, die Saison 2018/19 endete mit Platz sieben und dem Verpassen der Europa-League-Qualifikat­ion jedoch im Desaster. Mit Zoran Barisiˇc´ lenkt jetzt ein neuer Sportdirek­tor mit langer grün-weißer Vergangenh­eit fortan die Geschicke, er soll den Wienern im Zusammensp­iel mit Trainer Dietmar Kühbauer eine Spielphilo­sophie einimpfen. Nach Lask-Verteidige­r Maximilian Ullmann (Ersatz für Boli Bolingoli) soll auch noch ein Angreifer kommen. Alles andere als ein Top-4-Platz wäre ohnehin eine herbe Enttäuschu­ng. Rapid eröffnet die Saison am Sonntag mit dem Cupspiel in Allerheili­gen (17.15 Uhr, live ORF eins).

Die Burgenländ­er hatten mit dem Abstieg nichts zu tun und wollen den Aufwärtstr­end fortsetzen. Trainer Franz Ponweiser gab das Erreichen der Meistergru­ppe als engagierte­s, aber nicht unmöglich zu erreichend­es Ziel aus.

Der einzige Klub aus Vorarlberg hofft auf eine Steigerung im Vergleich zur Vorsaison (Platz neun), Trainer Alex Pastoor stieß Mitte März zum Verein und muss sich nun erstmals mit den Klubs aus der Meistergru­ppe beschäftig­en. Die Altacher sind eine Art Überraschu­ngstüte, befindet zumindest Pastoor. „Wir können uns selbst kaum einschätze­n.“

Die Niederöste­rreicher haben traditione­ll, wie in jeder Transferpe­riode, Abgänge zu verkraften. Besonders schmerzhaf­t waren diesmal jene von Stürmertal­ent Sasaˇ Kalajdziˇc´ (VfB Stuttgart) und Rechtsvert­eidiger Stephan Zwierschit­z (Austria). Das Vertrauen in den eigenen Nachwuchs ist weiterhin ungebroche­n groß, vom Erreichen der Top sechs traut sich in der Südstadt gegenwärti­g aber niemand zu sprechen. Ein Vorteil: Trainer Reiner Geyer kennt die Mannschaft bereits seit Oktober 2018, nur Markus Schopp (Hartberg) und Thomas Silberberg­er (Wattens) betreuen ihre Klubs schon länger.

Das Vertrauen in Trainer Markus Schopp hat sich im Frühjahr letztlich ausgezahlt, nicht Hartberg, sondern Wacker Innsbruck stieg ab. Das Ziel kann erneut nur der Klassenerh­alt sein.

Die Tiroler setzten sich im Aufstiegsr­ennen gegen SV Ried knapp durch. Wattens, das seine Heimspiele in Innsbruck austragen wird, birgt gewiss Überraschu­ngspotenzi­al.

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