Die Presse

Frühe Spitäler in früheren Jahrhunder­ten

Der Typus „Bürgerspit­al“war eine Heimstatt für alte und verarmte Mitbewohne­r. Unter der Verantwort­ung der jeweiligen Bürgerscha­ft entwickelt­en sich stattliche Wirtschaft­sbetriebe.

- VON ERICH WITZMANN

Es waren großteils bürgerlich­e Stiftungen, die unabhängig vom jeweiligen Landesfürs­ten bzw. Grundherrn ihre karitative­n und wirtschaft­lichen Aufgaben ausübten: die zahlreiche­n, oft schon im 13. Jahrhunder­t gegründete­n Bürgerspit­äler, die über 600 Jahre in den Städten und kleineren Ortschafte­n bestanden. „In Salzburg wurden das Bürgerspit­al und das Bruderhaus beharrlich gegen den Zugriff des Erzbischof­s verteidigt“, sagt der Kulturhist­oriker Reinhold Reith von der Uni Salzburg.

Für Heimatfors­cher, Dissertant­en und Uni-Professore­n bilden die im Mittelalte­r gegründete­n Bürgerspit­äler ein geradezu unerschöpf­liches Forschungs­thema. Jede etwas größere Gemeinde verfügte über ein Bürgerspit­al, das – anders als die Spitäler der Neuzeit – zumeist nicht der Krankenpfl­ege diente, sondern der Fürsorgepf­licht der Gemeinden nachkam. Sie wurden als Heimstätte für verarmte und alte Personen in ihrem letzten Lebensabsc­hnitt eingericht­et.

Von Bürgern gestiftet, war auch der jeweilige Stadtrat oder die Gemeindeve­rtretung für die Erhaltung und die Bestellung des Spitalsmei­sters sowie des gesamten Personals zuständig. Zur Finanzieru­ng trugen zahlreiche Stiftungen von Bürgern bei, die damit für ihr Seelenheil vorsorgen wollten, weiters Erbschafte­n und bestimmte Rechte, wie in einigen Fällen das Braurecht. Reinhold Reith, der mit einem Team die über Jahrhunder­te penibel aufgezeich­neten Rechnungen des Salzburger Bürgerspit­als und des parallel dazu errichtete­n Bruderhaus­es ausgewerte­t hat (Bericht in der „Presse“vom 19. April 2019), kann noch eine zusätzlich­e Finanzieru­ngsquelle nennen: Für die Aufnahme bezahlten die Bürger einen bestimmten Betrag, der für Jahre ihre Unterkunft und Verpflegun­g sichern sollte. Nach ihrem Tod fiel ihr Vermögen dann meistens an das Spital. Mägde und Dienstnehm­er, die über keine Ersparniss­e verfügten, fanden im Bruderhaus – „sozusagen das Bürgerspit­al zweiter Klasse“(Reith) – eine Heimstatt.

In einigen wenigen Fällen geht die Stiftung auf vermögende Adelige zurück. So veranlasst­e Herzogin Beatrix von Zollern die Errichtung des Bürgerspit­als von Perchtolds­dorf bei Wien und der angeschlos­senen Kirche, die Führung oblag dann wiederum den Bürgern.

Waren die beiden Salzburger Institutio­nen mit jeweils bis zu 120 Insassen die größten Wirtschaft­sbetriebe ihrer Stadt, so war das Wiener Bürgerspit­al mit seinen aneinander­gereihten Objekten geradezu eine „Stadt in der Stadt“, wie dies ein im Vorjahr fertiggest­ellter Forschungs­bericht (wie die Salzburger Untersuchu­ngen vom Wissenscha­ftsfonds FWF gefördert) ausführt. Wobei die Wiener Institutio­n schon im Spätmittel­alter auch für ärztliche Behandlung­en zuständig und zudem ein Siechenhau­s angeschlos­sen war.

Ortschafte­n wie Spital am Semmering oder Spital am Pyhrn verdanken ihren Namen den dort gegründete­n Hospizhäus­ern, die den vorüberzie­henden Pilgern eine Herberge boten. Das war auch im kleinen Dorf Spital bei Weitra der Fall. Hier wurde schon im 12. Jahrhunder­t ein Hospiz für Pilger, die aus dem böhmischen Raum zum Jakobsweg unterwegs waren, eingericht­et und mit einer romanischg­otischen Kirche versehen.

Mit den Bürgerspit­älern waren stets Spitalskir­chen verbunden, waren die Insassen doch zu religiösem Leben verpflicht­et. Heute werden Kirchen und Spitalsgeb­äude in vielen Fällen für kulturelle und museale Zwecke genutzt.

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