Kein Jacuzzi für Airbnb
Expedition Europa: Massentourismus, Fairbnb und alter Käse – Besuch in Amsterdam.
Amsterdam ist die viertmeistbesuchte Stadt Europas, acht Millionen Besucher trampeln jährlich durch. Mit dem Erfolg der Online-Vermietbörse Airbnb droht die Altstadt zum Skansen ohne Amsterdamer zu verkommen. Wer hier nur an einigen verlängerten Wochenenden seine Wohnung vermietet, verdient sich genug für teure Urlaube oder ein karges arbeitsfreies Auskommen. Die merkantile Tradition ist stark, immerhin waren die Grachtenhäuser Handelskontore, heute werden auf Airbnb mehr als 20.000 Amsterdamer Wohnobjekte angeboten.
Laurens Ivens, der linkssozialistische Wohnbaustadtrat, kämpft unnachgiebig gegen Airbnb. Neulich erlaubten sich Unbekannte einen Scherz und boten die Amsterdamer Zentrale von Airbnb zur Vermietung an – auf Airbnb. Im Inserat stand: „Ein schönes Büro mit fünf Schlafzimmern, für zehn Personen. Es ist voll teurer Kunst, die wir uns von euren Gröschchen kaufen.“Die Fotos machten was her, Couch-Landschaften, dazu ein Jacuzzi. War das die Idee von Ivens?
Also erstmals Amsterdam. Ich kam an einem Sommertag der Hochsaison, und in manchem Gässchen fragte ich mich, ob ich von den allseits herbeiwabernden Kiffe-Schwaden nicht auch schon ein wenig eingeraucht war. Zwischen den Grachten stand ein grässlicher Neubaublock – das Rathaus. Ich hatte mit Ivens vereinbart, dass ich dort auf ihn warten würde. Holländer begegnen mir meist desinteressiert oder kaltschnäuzig, allein im Amsterdamer Rathaus empfing man mich herzlich.
Eine schwierige Bestellung
Exotische Schönheiten servierten mir in der Lobby-Bar des Gemeinderats Macchiato und Mineral, und Ivens’ Assistentin wollte mir etwas zu essen bringen. Sie fragte mich: „Etwas mit Wurst oder mit Käse?“– „Mit Käse, bitte.“– „Mit jungem oder altem Käse?“– „Weiß nicht, mit altem.“– „Soll der alte Käse hell oder dunkel sein?“Ich prüfte ihre Miene auf Anzeichen von Verarsche, die Assistentin wirkte aber ernst, ja besorgt. „Das ist mir ganz gleich, ich esse alles.“– „Soll das Brot hart oder weich sein?“– „Hm, weich.“– „Und wollen Sie’s mit Butter oder ohne?“– „Ohne!“Eine Stunde später brachte sie mir ein trockenes Weckerl mit einer Scheibe Käse drin. Das war das, was ich bestellt hatte.
Auch Wohnbaustadtrat Ivens war herzlich. Genau genommen war dieser Linksradikale der erste Niederländer, der mich dafür lobte, Niederländisch gelernt zu haben. Ivens war selbst Couchsurfer gewesen: „Ich bin nicht gegen die effiziente Nutzung von Wohnraum. Mein Problem ist, dass daraus ein Verdienstmodell geworden ist.“Er hielt es für unmöglich, den Touristenstrom zu begrenzen, war aber „stolz auf die Regeln, mit denen wir den Tourismus handhaben“. Reduktion von Pensionen im Zentrum, Streuung über die ganze Stadt, Beschränkung der Vermietung über Airbnb auf 30 Tage im Jahr – andere Städte wollen davon lernen.
Ivens tritt für „Fairbnb“ein, eine künftige Alternative, bei der die Hälfte des Vermieterlöses in gemeinnützige Grätzl-Projekte geht. Ich fragte ihn: „Wie sorgen Sie dafür, dass Fairbnb nicht scheitert? Die Leute sind gierig!“Er sagte: „Ich denke, es wird ein großer Erfolg. Aber nicht weil so viele Menschen daran teilnehmen, sondern weil es Airbnb ideologisch demaskieren wird.“
Einmal fragte ich geradeheraus: „War das Ihre Idee, das Büro von Airbnb auf Airbnb zu stellen?“Ivens beteuerte, nichts damit zu tun zu haben. Er bezweifelte, dass die Fotos des Fake-Inserats tatsächlich die Zentrale von Airbnb Holland zeigten Und dass die Airbnb Ma