Dichter? Aber bitte mit Stil!
Wachsende Städte lernen aus ihren Fehlern in der Vergangenheit. Zersiedelung und das Bauen auf der grünen Wiese ohne die notwendige Infrastruktur und gut ausgebauten öffentlichen Verkehr in zumutbarer fußläufiger Entfernung sind zum „No-Go“geworden. Das ist gut so, denn Städte können es sich weder aus ökonomischen noch aus ökologischen Gründen leisten, Wasserleitungen, Kanal und Zufahrtsstraßen auf Kosten der Allgemeinheit für einige Wenige zu errichten. Verdichtung oder Nachverdichtung ergibt Sinn, wenn man das Thema als vielschichtig komplexe Herausforderung sieht, die für jeden Anlassfall und jeden Ort differenziert betrachtet werden muss. Unmittelbar damit verbunden sind Fragen der Erhaltung und Revitalisierung von Bausubstanz und der sorgsamen Konversion, also der Umwandlung der Nutzung, wenn es um ehemaligen Gewerbe- und Industriebau geht.
Als Gebot der Stunde müsste viel öfter die „Cradle to cradle“-Methode mitgedacht werden, die sinnvolle Wiederverwendung von Altmaterial vor Ort, oder auch Rückbau dort, wo zuvor zu viel Boden versiegelt wurde. Grundsätzlich müsste innerstädtische Nachverdichtung bedingen, dass die Kommunen ihrerseits einen Ausgleich schaffen durch die vorausschauende Sicherung von Grünraum, von Flächen für Radwege und für die Pflanzung von Bäumen. Werden verbliebene Brachen und Baulücken verbaut und Villengrundstücke und Obstgärten gerodet, ohne dass Stadtbewohner einen Ausgleich erkennen können, so ruft dies, wie in letzter Zeit vermehrt in Graz, Unzufriedenheit hervor. Das lässt sich an den vielen kritischen Leserbriefen zum Thema in der regionalen Tageszeitung erkennen. Auch wenn fallweise vielleicht Eigeninteressen von Anrainern dahinterstehen, so gehen die Anliegen doch weit darüber hinaus. Beklagt wird der Verlust von Grünraum und Gebietscharakter durch eine Bebauung, die sich einzig nach der Vorgabe maximaler Ausnutzung von Bebauungsdichten entwickelt.
dicht bebauten Plätzen haben den Wunsch nach etwas Grün aufkeimen lassen. Was sie sich leisten können, ist ein winziges, wiewohl zentrumsnahes altes Vorstadthaus mit einer Grundfläche von weniger als sechzig Quadratmetern und einem kleinen, mit einem Kirschbaum bestandenen Garten. Durch diesen führt ein Weg als Servitut. Das Haus in der Altstadtschutzzone steht knapp am Gehsteig, ihm gegenüber mehrgeschoßige Nachkriegsbauten im Block, und der Garten ist mit einer Mauer vom Park der benachbarten Ordensschule getrennt. Nun kommen die Architekten ins Spiel. Wolfgang Feyferlik und Susanne Fritzer, denen man zum heurigen großen Architekturpreis des Landes Steiermark für ihre fünfundzwanzig Jahre andauernde behutsame Tätigkeit der Adaptierung und Sanierung in der Basilika und im Geistlichen Haus in Mariazell (siehe „Spectrum“-Beitrag vom 9. Dezember 2017) gratulieren darf, wünschten sich, was andere Architekturbüros möglicherweise abgelehnt hätten. Die Architekten sollten das Haus sanieren und gerade nur so erweitern, dass im erhöhten Erdgeschoß ein Atelier Platz finden und darüber, mit Bezug zum Garten, gut gewohnt werden könne.
Ein Wohn- und Essraum wurde angebaut. Seine Größe und Hochhebung auf das Niveau im Bestand ergaben sich aus dem Wunsch nach einer nur minimalen, am Bedarf orientierten Ausdehnung des Wohnens. Seine Form, ein unregelmäßiges Fünfeck, ist bestimmt durch die einzuhaltenden Abstände zur Grundgrenze. In der Brücke zum neuen Baukörper wurde die Küche mit Blickkontakt zur Straße eingebaut.