Wienwert: Wo sind die Millionen?
Insolvenz. Die Kanzlei Aigner+Partner, die Hunderte Anleihegläubiger vertritt, klagt den Treuhänder und die Liechtensteinische Landesbank als Zahlstelle auf Schadenersatz.
Anwälte klagen den Treuhänder und die Liechtensteinische Landesbank als Zahlstelle.
Wien. Das System lief jahrelang perfekt: 16 Anleihen hat die Immobiliengruppe Wienwert begeben. Die Anleger griffen beherzt zu – die Bonds wurden mit hohen Renditen, grundbücherlicher Besicherung und treuhändischer Verwaltung beworben. Dass mit ihrem Geld – in Summe 36 Mio. Euro – die Löcher in der Bilanz gestopft wurden und keineswegs in Objekte investiert wurde, wurde erst klar, als Wienwert Anfang 2018 zusammenkrachte und insolvent ging.
Seither laufen die „Aufräumarbeiten“auf Hochtouren: Das Bundesamt für Korruptionsbekämpfung (BAK) ermittelt gegen die Firmengründer Wolfgang Sedelmayer und Nikos Bakirzoglu sowie Stefan Gruze (ab 2016 Vorstandschef ) wegen des Verdachts der betrügerischen Krida, Betrugs und Bilanzfälschung. Masseverwalter Norbert Abel, der in seinem Abschlussbericht nicht nur den Firmenchefs ein vernichtendes Urteil ausstellt, hat die Wirtschafts- und Bilanzprüfer mit mehreren Schadenersatzklagen eingedeckt.
Prospekthaftung verletzt
Jetzt drohen auch dem Treuhänder (ein Anwalt, Name der Redaktion bekannt) und der Bank, die als Zahlstelle für die Bonds fungiert hatte, Schadenersatzzahlungen. Die Kanzlei Aigner+Partner, die Hunderte Anleihegläubiger vertritt, hat gegen den Treuhänder und nun auch gegen die Liechtensteinische Landesbank Österreich (LLB) Klagen eingebracht, bestätigt Anwalt Lukas Aigner der „Presse“. Die LLB hat die Semper Constantia Privatbank übernommen, die als Zahlstelle für mehrere Wienwert-Anleihen fungiert hat.
Konkret haben Aigner+Partner jene Anleihe (AT0000A100Z7) unter die Lupe genommen, die von November 2013 bis Dezember 2014 emittiert wurde, und äußerst brisante Details herausgefunden. Der einzige Bond, der mit einem von der FMA geprüften Kapitalmarktprospekt begeben wurde, versprach 6,5 Prozent Zinsen, lief bis Ende 2018 (also knapp vor der Insolvenz) und hatte ein Volumen von 7,5 Mio. Euro.
Die Emission wurde mit „dreifacher Sicherheit“beworben: Ein Treuhänder sollte über das eingezahlte Geld wachen und die Auszahlung an Projektgesellschaften – zum Erwerb von Immobilien – kontrollieren, also die zweckgebundene Verwendung sicherstellen. Der Kaufpreis eines Objekts sollte von einem gerichtlich beeideten Sachverständigen geprüft werden. Zudem sollte es eine grundbücherliche Sicherstellung geben.
So weit, so die Werbung. Tatsächlich lief die Sache ganz anders, wie Aigner und sein Kollege Maximilian Weiser betonen. Laut Kapitalmarktprospekt sollte das auf das Treuhandkonto gezahlte Geld von dort auf das Konto der Semper Constantia (LLB) als Zahlstelle gehen und (nach Erhöhung der Sammelurkunde) zurück auf das Treuhandkonto. Und: „Vor Auszahlung vom Treuhandkonto an die Emittentin (Wienwert) hatte der Treuhänder zur Besicherung der Anleiheverbindlichkeiten eine grundbücherliche Sicherstellung im Sinne von Pfandrechten vorzunehmen“, so Aigner an die LLB.
Allerdings erklärte der Treuhänder, den Treuhandvertrag niemals unterschrieben zu haben und ein solcher daher gar nicht existieren könne. Die alarmierten AignerJuristen baten daher die LLB um Auskunft über die Geldflüsse.
Die Antwort der Bank ist ernüchternd: „Eine direkte Rücküberweisung der Investitionsbeiträge vom Zahlstellenkonto auf das Treuhandkonto erfolgte, soweit ersichtlich, nicht, da es diesbezüglich keinen Auftrag des Emittenten gab. Ob Geld dieser Anleihe zur Deckung anderer Anleihen verwendet wurde – wie dies Aigner, aber auch Masseverwalter Abel und die Kreditschützer vermuten – könne nicht beantwortet werden, betonte die LLB. Wo sind also die Millionen geblieben?
Unrichtige Angaben
„Der ganze Sicherungsmechanismus hat nie stattgefunden, die Angaben im Prospekt waren unrichtig und irreführend“, verweisen Aigner und Weiser auf die Hauptpunkte der Klage. Die Bank, die als Zahlstelle eine „entscheidende Rolle und Verpflichtung gegenüber den Anlegern“hat, habe das wissen müssen. Zumal Wienwert während der laufenden Emission wegen irreführender Werbung rechtskräftig verurteilt worden war. „Das hinderte die Beklagte (Bank) nicht daran, sich an der Emission und Irreführung Hunderter gutgläubiger Anleihegläubiger weiter zu beteiligen“, so der Vorwurf in der der „Presse“vorliegenden Klagsschrift.
„Der ganze Sicherungsmechanismus hat nie stattgefunden.
Lukas Aigner Rechtsanwalt, Aigner+Partner