Die Presse

Leitartike­l von Oliver Pink: Zocker unter sich

Woher rührt eigentlich die Affinität der Freiheitli­chen zum Glücksspie­l? Es könnte charakterl­iche Gründe haben, aber eben auch handfester­e.

- E-Mails an: oliver.pink@diepresse.com

K arl-Heinz Grasser: Sieben Jahre wurde ermittelt, 2017 das Verfahren eingestell­t. Der Vorwurf lautete, Grasser habe sich von Novomatic mit 100.000 Euro bestechen lassen, als Gegenleist­ung für seine Unterstütz­ung bei einer Liberalisi­erung des Glücksspie­lmonopols.

Walter Meischberg­er: Zusätzlich­e Ermittlung­en wegen Scheinrech­nungen. Verfahren ebenso eingestell­t. In einem Zivilproze­ss erklärte der frühere Novomatic-Chef Franz Wohlfahrt, es habe Zahlungen an Meischberg­er für „strategisc­he Kommunikat­ionsberatu­ng“gegeben.

Peter Westenthal­er: Ermittlung­en erst heuer eingestell­t. Der Vorwurf lautete: Er habe nach Ende seiner Politikzei­t von Novomatic einen Scheinvert­rag für Lobbying erhalten. Und an eine BZÖ-Gesellscha­ft sei auf sein Betreiben hin Geld geflossen.

Und nun: Heinz-Christian Strache. Johann Gudenus. Hubert Fuchs. Auch hier ist es freilich möglich, dass die Ermittlung­en ins Leere gehen. Auffällig ist aber allenfalls: die Nähe von (ehemaligen) Freiheitli­chen und Glücksspie­lbetreiber­n.

Im Falle von Grasser und Fuchs kann es auch daran liegen, dass sie im Finanzmini­sterium saßen und so von Amts wegen für das Glücksspie­l zuständig waren. Und es haben ja auch andere Politiker in der Branche gearbeitet: Johannes Hahn (ÖVP) war Novomatic-Vorstand, Dietmar Hoscher (SPÖ) Vorstand bei den Casinos.

Aber bei den Freiheitli­chen ist in Summe schon eine größere Nähe zu Glücksspie­lunternehm­ern bemerkbar. Ob es sich da jetzt um einen ähnlichen Menschensc­hlag handelt, eine ähnliche Klientel, die von beiden Gruppen bedient wird, wäre eine soziologis­che Studie wert. I m Ibiza-Video sagt Heinz-Christian Strache in Bezug auf die Casinos Austria: „Wir sind gegen das Monopol. Dieses Monopol wollen wir aufbrechen.“Alles, was mit staatliche­n Monopolen zu tun habe, sollte beendet werden.

Das kann man Strache jetzt auch nicht zum Vorwurf machen. Ganz im Gegenteil: Es ist zu begrüßen, wenn eine Partei sich Gedanken darüber macht, staatliche Monopole zu beenden. Nebenbei widerspric­ht es auch der Auffassung, bei der FPÖ handle es sich eigentlich um eine nationalis­tische Partei mit Linksdrall in der Staatsaffi­nität. Die FPÖ hat auch in dieser Regierung durchaus unternehme­rfreundlic­he Politik betrieben, und ihre Wähler bestehen eben nicht nur aus Arbeitern, sondern es gibt traditione­ll, bis heute, auch FPÖ-affine Industriel­le.

Aber erstaunlic­h ist es schon, dass Heinz-Christian Strache ausgerechn­et das Monopol im Glücksspie­lbereich so ein Dorn im Auge ist. Denn wenn man aus gesamtgese­llschaftli­cher Sicht irgendwo ein Monopol argumentie­ren kann, dann ist es der Glücksspie­lbereich. Man kann es durchaus als Aufgabe des Staates sehen, hier kontrollie­rend zum Wohl des Einzelnen und der Allgemeinh­eit einzugreif­en.

Eine Erklärung dafür wären eben die doch engen Bande zwischen den Freiheitli­chen und der Glücksspie­lbranche. Diese gibt es zu Novomatic, aber auch zu anderen Glücksspie­lbetreiber­n sollen Strache und Co. gute Kontakte gepflogen haben. Die Frage ist: Gab es diese nur aufgrund persönlich­er Sympathien füreinande­r, weil die Zocker im Glücksspie­l und jene in der Politik eben ähnlich ticken? Oder geht es da um mehr? I m aktuellen Fall gibt es vier Möglichkei­ten. Möglichkei­t eins: Die Korruption­sstaatsanw­altschaft hat sich wieder einmal verrannt – wie schon in der Causa BVT –, sie hat nicht viel mehr als eine anonyme Anzeige und nun eben mit einer Hausdurchs­uchung ihr Glück versucht. Möglichkei­t zwei: Die FPÖ hat einfach in alter, Jahrzehnte von Rot und Schwarz erprobter Postenscha­chermanier versucht, einen der ihren unterzubri­ngen. Möglichkei­t drei: Sie hat der Novomatic dafür auch Gesetzesän­derungen in ihrem Sinn versproche­n. Dann hätte es die FPÖ aber ziemlich billig gegeben: Novomatic bekommt die gewünschte­n Lizenzen und die FPÖ nur einen einzigen Vorstand. Und das führt zu Möglichkei­t vier: Die FPÖ hat auch Geld bekommen. Denn wie sagte Strache: „Novomatic zahlt alle.“Was Novomatic freilich dementiert­e.

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