Die Presse

Mit Deutschlan­d und Norwegen ziehen sich die größten Financiers des Amazonas-Fonds zurück. Die Länder glauben nicht, dass Brasilien die Abholzung des Regenwalde­s stoppen will.

Umwelt.

- VON MATTHIAS AUER

Wien. Dem brasiliani­schen Regenwald gehen die Geldgeber aus. Nach Deutschlan­d hat am gestrigen Freitag auch Norwegen beschlosse­n, vorerst keine Finanzhilf­en mehr für den Kampf gegen die Zerstörung des Amazonas nach Brasilien zu überweisen. Die beiden Länder waren mit Abstand die größten Financiers des AmazonasFo­nds, der lokale Projekte zur Überwachun­g der Abholzung oder zur Aufforstun­g unterstütz­t. Norwegen allein hat in den vergangene­n zehn Jahren rund eine Milliarde Euro eingezahlt. Die nächste Tranche von gut 30 Millionen Euro soll nun vorerst nicht fließen, bestätigte die Regierung in Oslo. Deutschlan­d hatte vorher schon 35 Millionen Euro eingefrore­n.

Als Grund nannten die beiden Staaten das rücksichts­lose Vorgehen des rechtspopu­listischen Präsidente­n Jair Bolsonaro. Der bekennende Klimawande­lskeptiker treibt seit seiner Amtsüberna­hme im Jänner 2019 die kommerziel­le Nutzung des Regenwalde­s konsequent voran. Die Folge: Der Amazonas, die größte grüne Lunge der Erde, schrumpft so schnell wie selten zuvor.

Reibach mit dem Regenwald

Erst kürzlich meldete das brasiliani­sche National Institute for Space Research (INPE), dass im Juli 2019 vier Mal mehr Regenwald abgeholzt wurde als im Juli des Vorjahres. Bolsonaro leugnete die Ergebnisse in einer Pressekonf­erenz und feuerte den Chef des Instituts. Sein Land werde hier zum „Opfer eines feindliche­n Narrativs“, rechtferti­gte er den umstritten­en Schritt.

Seit den 1970er-Jahren wurden fast 800.000 Quadratkil­ometer des ursprüngli­ch vier Millionen Quadratkil­ometer großen Amazonaswa­ldes gerodet, um Platz für Landwirtsc­haft, Bergbau und Kraftwerke zu machen. Wissenscha­ftler fürchten, dass bald der Punkt erreicht sein könnte, ab dem ein Wiederauff­orsten des Regenwalde­s unmöglich ist und sich das gesamte Amazonasbe­cken in eine Savanne verwandelt.

Zwischen 2004 und 2012 gelang es Brasilien, auch Dank der finanziell­en Unterstütz­ung durch den Amazonas-Fonds, die Abholzung des Regenwalde­s deutlich zu verlangsam­en. Doch schon in der brasiliani­schen Wirtschaft­skrise 2014 bis 2016 wurden schärfere Umweltgese­tze wieder gelockert. Spätestens seit Bolsonaro scheinen aber alle Dämme gebrochen. Auch beim Amazonas-Fonds selbst setzte der Politiker einige umstritten­e Änderungen durch. So löste er etwa das Steuerungs­komitee auf, das die Projekte ausgewählt hat, die mit den Mitteln des Fonds finanziert werden sollten.

Auf die Ankündigun­g der beiden europäisch­en Länder, ihre Zahlungen vorerst einstellen zu wollen, reagierte der Rechtspopu­list hämisch: „Ist Norwegen nicht das Land, das Wale oben beim Nordpol tötet?“, fragte er Journalist­en. Norwegen sei nicht in der Position, Brasilien Lektionen zu erteilen. „Nehmt das Geld und helft stattdesse­n Angela Merkel, Deutschlan­d wieder aufzuforst­en“, richtete er der Regierung in Oslo aus. Und an Deutschlan­d gerichtet: „Brasilien braucht euer Geld nicht“. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel müsse „akzeptiere­n, dass dieses südamerika­nische Land unter einem neuen Management steht.“Brasilien werde „abheben, wenn wir endlich beginnen, die dort lagernden Schätze zu heben“.

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[ Bruno Domingos ]

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