Ein nackter Regisseur und ein Favela-Boy
Streamingtipps. Die neuen Serien und Serienstaffeln auf Netflix geben Einblicke in die japanische Pornoindustrie der 1980er, in eine US-Elite-Uni, den Schulalltag im Nordirland-Konflikt und die Armenviertel von S˜ao Paulo. Eine Rundschau.
Eigentlich seien Sex und Verkaufsgespräche fast das Gleiche, wird dem Enzyklopädie-Vertreter Toru Muranishi am Anfang dieser neuen Serie von einem Mentor nahegelegt. Er müsse seine Kunden behandeln, als würde er „eine Frau zum Höhepunkt bringen – mit äußerster Höflichkeit“. Es ist das Japan der 1980er, Höflichkeit steht hoch im Kurs, sexuelle Offenheit weniger. Als Muranishi Job und Frau verliert, mischt er mit einer Alles-odernichts-Attitüde das Porno-Business auf. Bald ist er mitten in einem Katz-und-Maus-Spiel mit den Behörden: Echter Verkehr vor der Kamera und sichtbare Genitalien in Schundheften sind nämlich verboten . . .
„The Naked Director“schildert Muranishis Aufstieg als aufregende, in leuchtendem Kolorit gezeichnete Tollerei: Es gibt pralle Geldkoffer, aggressive YakuzaGangster, diabolische PornoZampanos, Polizisten, die mit dem Lineal nachmessen, ob die Zensur eingehalten wurde, Slapstick-artige Schlägereien und quietschenden Sex. Eine Studentin erlebt ihre sexuelle Erweckung und wird zur Ikone. Andere Frauen gehen an der PornoRevolution gesellschaftlich zugrunde, aber damit hält sich die Serie kaum auf: Sie ist laut, wild, unterhaltsam – und entschieden oberflächlich. (kanu)