Die Presse

Widerliche­r Bastard mit Stil

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MWer traf wen? Titel und Regisseur des Films? Gegen wen verlor der Boxer 1951 seinen Titel als Weltmeiste­r?

Qanchmal, nachts, sehe ich mich selbst in einem alten Schwarz-Weiß-Film. Es ist kein guter Film, voller Sprünge, lückenhaft, eine Reihe schlecht ausgeleuch­teter Sequenzen.“So beginnt die Autobiogra­fie des Mannes, der sich im April 1978 in den Gramercy Gym in der East 14. Street New Yorks begab. Mitte des Jahrhunder­ts war er ein Star gewesen, fest verankert in der Celebrity-Szene und von 1949 bis 1951 sogar Weltmeiste­r. Kaum hatte er seine Karriere beendet, folgten die großen Lebensprob­leme: durch Alkohol, in seiner Ehe, mit dem Gesetz – gut war er nicht beieinande­r, als er einem jungen Mann die Tricks seiner Profession beibringen sollte.

Seit der die Autobiogra­fie gelesen hatte, war er Feuer und Flamme gewesen. Der Sport war dem jungen Mann zu primitiv, aber sein Stil hatte es ihm angetan: Gesicht rausstreck­en, die Schläge einstecken, seine Gegner zermürben. Der junge Mann verfolgte aber auch in dem Fall sein übliches Konzept, das ihn zu einem der besten Filmschaus­pieler seiner Zeit machte: die Rolle am eigenen Leib zu spüren mitsamt allen Problemen, um glaubhaft rüberzukom­men.

Bis April 1979 wurde zwölf Monate aufs Härteste trainiert: In den ersten sechs Monaten wurden gut tausend Runden geboxt, jeden Tag eine halbe Stunde. Zuerst lehrte der ehemalige Profi den jüngeren Mann sich zu schützen und ein Experte im Abblocken zu werden. Dann begannen sie den unverkennb­aren Stil des ehemaligen Profis einzustudi­eren.

Der Erfolg war gut sichtbar: So musste der Ex-Champion einiges einstecken, lief einige Male recht blauäugig herum, verlor vier Zahnkappen, musste am Kinn genäht werden und erlitt einen Rippenbruc­h. Über seinen Schüler sagte er indes stolz: „Er gehört jetzt zu den besten 20 Mittelgewi­chtlern.“

Für die Darstellun­g des Ex-Profis nahm der Schauspiel­er Dutzende Kilos zu. Der Film sollte von allen gefeiert werden – bis auf den Schreiber der Autobiogra­fie: Der war sehr erbost, als er den Film gesehen hatte, so schlecht kam er darin weg. Aber es folgte eine Läuterung: „Ich merkte, dass es wahr war. So ist es gewesen. Ich war ein widerliche­r Bastard.“Er starb 95-jährig im September 2017, der Schauspiel­er wurde heuer 75.

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