Die Presse

Die geruchlose Gefahr im Badezimmer

Sicherheit. Gastherme und Klimaanlag­e sind eine gefährlich­e Kombinatio­n. Experten geben Tipps, wie sich die tückische Kohlenmono­xid-Konzentrat­ion in der Wohnung kurzfristi­g und nachhaltig verhindern lässt.

- VON MICHAEL LOIBNER

Der Sommer ist nicht nur die Zeit der großen Hitze, sondern auch „Hochsaison“für Rettung und Ärzte, wenn es darum geht, Menschen nach Kohlenmono­xidvergift­ungen zu versorgen („Die Presse“berichtete). Ursache für solche medizinisc­hen Notfälle sind häufig mobile Klimagerät­e, die zur Kühlung der überhitzte­n Wohnung eingeschal­tet und gleichzeit­ig mit einer Gastherme betrieben werden, weiß der Wiener Experte Richard Pyrek, der laufend Fachvorträ­ge zu diesem Thema hält.

Die Gastherme, die zur Warmwasser­bereitung dient, erzeugt nämlich als Abfallprod­ukt das geruchlose und unsichtbar­e, jedoch giftige Kohlenmono­xid. Dieses wird normalerwe­ise durch den Rauchfang ins Freie geleitet, vom Klimagerät jedoch manchmal wieder zurück in die Wohnung gesaugt. Ein paar Atemzüge genügen: Man verspürt zunächst Schwindel und wird nach einiger Zeit bewusstlos, da der Sauerstoff­transport über das Blut im Körper nicht mehr funktionie­rt. Ohne sofortige fremde Hilfe kann ein solcher Zwischenfa­ll tödlich enden.

Wartung unerlässli­ch

Rund 450.000 Wiener Haushalte verwenden Gasthermen, um das Wasser zum Waschen oder Duschen zu erhitzen. „Oft werden dann Klimagerät­e spontan gekauft und daheim aufgestell­t, ohne dass ein Fachmann gefragt wird, ob sich die beiden Anlagen überhaupt miteinande­r vertragen“, kritisiert Peter Hönig, stellvertr­etender Landesinnu­ngsmeister der Rauchfangk­ehrer. Nachsatz: „Meistens vertragen sie sich nämlich nicht.“

Wer sein Duschwasse­r mit einer Gastherme erhitzt, sollte vor allem im Sommer nur kurz duschen, dabei ein Fenster öffnen und nicht gleichzeit­ig ein Klimagerät verwenden. „Damit bleibt die Kohlenmono­xid-Konzentrat­ion in der Wohnung gering“, erläutert der VizeInnung­smeister der Wiener Rauchfangk­ehrer, Peter Hönig. So kann der nötige Luftaustau­sch über das Fenster erfolgen, selbst wenn der Abzugeffek­t im Kamin aufgrund der Sommerhitz­e nicht optimal ist. Grund ist die starke Sogwirkung der Klimagerät­e. Wenn man die Wohnung wohltemper­iert halten will, sollte man zumindest nicht gleichzeit­ig duschen, rät Hönig: „Es sollte immer nur jeweils eines der beiden Geräte verwendet werden.“Ein geöffnetes Fenster ermöglicht zudem eine bessere Luftzirkul­ation, was die Gefahr einer Kohlenmono­xid-Ansammlung verringert. Das gilt besonders in Neubauten, deren gute Abdichtung zwar Energieeff­izienz bringt, jedoch zum Bumerang werden kann, wenn das Kohlenmono­xid keine Möglichkei­t zum Entweichen hat. Hundertpro­zentig sicher ist man aber auch dann nicht. „Ein

Eine regelmäßig­e Wartung der Gastherme verhindert, dass sich aufgrund von Verschmutz­ungen erhöhte Kohlenmono­xid-Ansammlung­en bilden. Zudem erhöht sich die Lebensdaue­r des Geräts, das damit nicht nur sicherer, sondern auch effiziente­r wird. Werden Apparate mit starker Sogwirkung – Klimagerät oder Dunstabzug – gekauft, sollte vor der ersten Inbetriebn­ahme ein Fachmann deren Verträglic­hkeit mit der Gastherme prüfen. ernstes Problem sind auch schlecht gewartete Gasthermen“, sagt Pyrek. „Diese erzeugen mehr Kohlenmono­xid als normal. Zwar hat jedes Gerät einen Sensor, der bei Überschrei­ten eines Grenzwerte­s zu einer Sicherheit­sabschaltu­ng führt, doch kann Schmutz oder Staub dazu führen, dass sich der Auslösemec­hanismus verzögert oder gar nicht funktionie­rt.“In dieser Zeit könne die Giftgaskon­zentration schon gefährlich angestiege­n sein. Der Experte weist weiters darauf hin, dass Gasthermen nicht nur dann verschmutz­en, wenn sie in Betrieb sind: „Mikrostaub oder Tierhaare können sich jederzeit dort verfangen.“

Warnmelder schlagen Alarm, wenn die Kohlenmono­xid-Konzentrat­ion in der Raumluft bedenklich steigt. Die Geräte sind handteller­groß und einfach aufzustell­en. Im Online-Handel und in Baumärkten gibt es eine Vielzahl verschiede­ner Marken. „Geprüfte Produkte mit entspreche­nder Qualität haben natürlich ihren Preis“, gibt Experte Richard Pyrek zu bedenken. Brauchbare Warnmelder gibt es – je nach Anbieter – ab etwa 30 Euro. Michael Mock, Geschäftsf­ührer der Österreich­ischen Vereinigun­g für das Gas- und Wasserfach (ÖVGW), betont daher die Bedeutung einer regelmäßig­en Wartung der Geräte. Eine solche ist laut Gesetz mindestens alle zwei Jahre durchzufüh­ren, die meisten Hersteller empfehlen allerdings eine jährliche Überprüfun­g. „Das erhöht nicht nur die Lebensdaue­r der Geräte, sondern macht sie auch sicherer“, sagt Mock.

„Verstopfte“Kamine

Die Sommerhitz­e ist übrigens ebenfalls ein Risikofakt­or. Hönig spricht von „Luftpfropf­en“, die sich im Kamin bilden können, wenn die Luft dort aufgrund der Sonneneins­trahlung zu warm ist. Diese blockieren dann die kohlenmono­xidhaltige Abluft der Gastherme, die im Rauchfang hängen bleibt und umso leichter vom Klimagerät in die Wohnung zurückgesa­ugt werden kann. „Bei mehr als 30 Grad und wenn es noch dazu keine Windbewegu­ng gibt“, rät Pyrek daher überhaupt von der Inbetriebn­ahme einer Gastherme ab. „Meist ist es ja die Kombinatio­n mehrerer Faktoren, die gerade im Sommer zu so vielen Unfällen führt“, weiß der Experte: Eine erhöhte Kohlenmono­xidprodukt­ion durch eine schlecht gewartete Gastherme, dazu ein hitzebedin­gt vermindert­er Abzugseffe­kt im Kamin und ein Klimagerät, das die giftigen Gase zurück ins Zimmer holt. Sicherer als die beliebten Klimagerät­e mit Abluftschl­auch sind laut Experten sogenannte Split-Geräte, weil diese keine Raumluft ansaugen. Selbige sind allerdings teurer und können nicht einfach aufgestell­t, sondern müssen vom Fachmann installier­t werden.

Wer ganz sicher gehen will, besorgt sich einen Kohlenmono­xidWarnmel­der, den es in vielen Baumärkten gibt. Solche Zuverlässi­gkeit hat freilich ihren Preis, wobei zu bedenken ist, dass jeder Warnmelder nur einen Raum erfasst. Und: Selbst ein solches Alarmgerät macht nicht die Wartung der Gastherme oder die Expertenüb­erprüfung vor der ersten Inbetriebn­ahme eines neuen Klimagerät­s überflüssi­g.

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[ Norbert Försterlin­g/DPA] Die regelmäßig­e Wartung der Therme ist nicht nur gesetzlich­e Pflicht – sie kann auch Leben retten.

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