Ein Gletscher, der keiner mehr ist
Erstes Eismassiv auf Insel fiel Klimawandel zum Opfer.
Island hat den ersten Gletscher offiziell für „tot“erklärt: Der 700 Jahre alte Okjökull (links im Jahr 1986) auf Island ist nur noch 15 Meter dick, er ist zu leicht geworden, um sich vorwärtszuschieben. In einer Zeremonie wurde er am Sonntag als erster Gletscher, der dem Klimawandel zum Opfer fiel, verabschiedet. „Was wir hier sehen, ist nur ein Gesicht der Klimakrise“, sagte Islands Regierungschefin, Katr´ın Jakobsdottir.´ Auch eine Tafel mit einem „Brief an die Zukunft“wurde enthüllt: „In den nächsten 200 Jahren ist zu erwarten, dass alle unsere wichtigsten Gletscher den gleichen Weg gehen. Diese Gedenktafel dient dazu, anzuerkennen, dass wir wissen, was vor sich geht und was zu tun ist.“
Reykjavik/Wien. Als Land aus Feuer und Eis, aus Vulkanen und Gletschern, ist Island bekannt. Doch nun droht der nordische Inselstaat einen Teil seiner Identität zu verlieren: Am Sonntag erinnerten Dutzende Isländer in einer Abschiedsfeier an den ersten Gletscher, der dem Klimawandel zum Opfer fiel. Erstreckte sich Okjökull im Westen der subarktischen Insel 1890 noch über 16 Quadratkilometer und reichte mehr als 50 Meter in die Tiefe, darf das vor 700 Jahren entstandene Eismassiv heute nicht mehr als „Gletscher“bezeichnet werden.
„Ich hoffe, dass diese Zeremonie eine Inspiration sein wird. Nicht nur in Island, sondern im Rest der Welt. Was wir hier sehen, ist nur ein Gesicht der Klimakrise“, sagte Islands Regierungschefin Katrin Jakobsdottir. Auch eine Tafel mit einem „Brief an die Zukunft“wurde enthüllt. Darauf ist eine Warnung zu lesen: Die restlichen Gletscher der Welt werde ein ähnliches Schicksal ereilen.
Zu spät für Alpengletscher
Tatsächlich schmilzt das globale Eis hinweg – mit Folgen für Bodenstabilität, Trinkwasserversorgung und Meeresspiegel: Seit der Jahrtausendwende schwinden die Gletscher im Himalaja doppelt so schnell wie in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Und im Alpenraum sorgte heuer eine Prognose aus der Schweiz für Furore: Bis 2050 wird die Hälfte der Alpengletscher geschmolzen sein – unabhängig davon, ob Treibhausgasemissionen reduziert werden und wie sich das Klima entwickelt. Die Eismassen reagieren langsam, sie werden jahrzehntelang schmelzen, selbst wenn sich die klimaverändernden Faktoren einpendeln.
Doch über das 21. Jahrhundert hinaus hat das derzeitige Verhalten der Menschen massive Auswirkungen: 500 Meter Autofahrt mit einem Mittelklassefahrzeug kosten laut Forschern aus Innsbruck und Bremen langfristig ein Kilo Gletschereis. (me)