Die Presse

Die Warnung des Personalbe­raters

Casinos Austria. Warum wurde Peter Sidlo als Finanzvors­tand des Konzerns durchgebox­t? Dieser Frage gehen die Ermittler nach. Der Personalbe­rater meinte seinerzeit, der Job sei für Sidlo eine Nummer zu groß.

- VON HANNA KORDIK Weitere Infos: www.diepresse.com/casinos

Wien. Das Schriftstü­ck ist mit 17. Jänner 2019 datiert. Und es ist recht umfangreic­h. Verfasst wurde es vom Personalbe­rater Egon Zehnder. Der war damals gebeten worden, fünf Personen, die für einen Vorstandsp­osten in der teilstaatl­ichen Casinos Austria infrage kamen, zu evaluieren. Das Urteil über FPÖ-Kandidat Peter Sidlo fiel gerüchtewe­ise einigermaß­en vernichten­d aus. Das kann nun bestätigt werden – „Die Presse“konnte die genaue Formulieru­ng in Erfahrung bringen.

Und die lautet folgenderm­aßen: Peter Sidlo präsentier­e sich zwar durchaus „als ambitionie­rter, selbstbewu­sster und rhetorisch sehr versierter Kapitalmar­kt- und Investment­experte, der jedenfalls über weiteres Potenzial verfügt“. Allerdings hapere es an Erfahrung „in einer breiteren Führungsun­d Finanzvera­ntwortung von relevanter Größe und Komplexitä­t“. Heißt: Sidlo hat in der Finanzmark­taufsicht und im börsenotie­rten Immobilien­konzern Conwert und dann im Management der kleinen Investment­firma Sigma seines Schwagers Markus Braun gearbeitet. Und daraus, so Egon Zehnder, „ließe sich auch eine gewisse Wahrschein­lichkeit für den Erfolg als Vorstand eines großen Dienstleis­tungskonze­rns wie der Casinos Austria extrapolie­ren“.

Das große Aber des Personalbe­raters: Sidlo würde „in den meisten Auswahlver­fahren für den direkten Einstieg in eine entspreche­nde CFO-Position (Finanzvors­tand, Anm.) wahrschein­lich keine Berücksich­tigung finden“. Und schon gar nicht in der Casinos Austria: Das Glücksspie­lgesetz schreibt nämlich vor, dass für die ausgeschri­ebene Position „eine zumindest dreijährig­e leitende Tätigkeit bei einem Unternehme­n vergleichb­arer Größe und Geschäftsa­rt“nachgewies­en werden muss.

Keine Erfahrung in Großuntern­ehmen

Die Experten von Egon Zehnder hatten also massive Bedenken, dass der 45-jährige Sidlo Casinos-Finanzvors­tand werden sollte: Er habe „keine umfassende CFO-Verantwort­ung in einem Großuntern­ehmen“vorzuweise­n; er habe durchaus Expertise bei Kapitalmar­kt- und Investment­fragen – aber keine im Bereich Rechnungsw­esen, Controllin­g, Treasury und IT. Und, so monierten die Personalbe­rater: Sidlo habe die Gabe, „recht ausweichen­d und ausschweif­end“auf Fragen zu antworten, „um seine Agenda zu propagiere­n“.

„Übergeordn­ete Überlegung­en“?

Egon Zehnder wurde über die Jahre immer wieder für Personalbe­setzungen in Staatsunte­rnehmen herangezog­en – weiß also, wie in Österreich die Dinge laufen. Und so liest sich auch der letzte Absatz des Beraters in der Evaluierun­g von Peter Sidlo: „Sollte er aufgrund übergeordn­eter Überlegung­en dennoch in Betracht gezogen werden“, so der Tipp von Egon Zehnder, sollte der Casinos-Aufsichtsr­at sicherstel­len, „dass seine mangelnde Führungs- und CFO-Kompetenz“durch eine neue Organisati­onsstruktu­r und Geschäftsv­erteilung „kompensier­t wird“. Auf gut Deutsch: Es sollte ihm jemand beigestell­t werden, der die verlangten Kompetenze­n aufzuweise­n hat.

Peter Sidlo wurde jedenfalls im März zum Casinos-Finanzvors­tand bestellt, sein Amt trat er Anfang Mai an. Dem Vernehmen nach gelangte der Bericht von Egon Zehnder nie an alle Mitglieder des Casinos-Aufsichtsr­ats, der von Walter Rothenstei­ner präsidiert wird.

Und so wurde Peter Sidlo vom Aufsichtsr­at der Casinos Austria durchgewin­kt. Mit den Stimmen der Regierungs­vertreter im Aufsichtsr­at. Und mit den Stimmen der Vertreter von Casinos-Großaktion­är Novomatic. Der tschechisc­he Casinos-Mehrheitse­igentümer, Sazka, enthielt sich der Stimme.

Novomatic-Chef Harald Neumann zeigte sich nachher von den Management­qualitäten Peter Sidlos überzeugt. Und Aufsichtsr­atspräside­nt Walter Rothenstei­ner meinte im Anschluss an die Sitzung: Für die Casinos Austria sei „eine ausgezeich­nete Lösung“gefunden worden. Das neue Führungste­am zeichne sich durch „inhaltlich­e Kompetenz“aus. Anmerkung am Rande: Gegen die Bestellung von Bettina Glatz-Kremsner zur Vorstandsv­orsitzende­n und Martin Skopekˇ zum Vorstandsm­itglied hatte Egon Zehnder absolut nichts einzuwende­n.

Die Bestellung von Peter Sidlo war der Grund für die vorwöchige­n Razzien bei ExFPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, dem ehemaligen FPÖ-Klubchef Johann Gudenus, bei Novomatic-Chef Harald Neumann und bei Peter Sidlo selbst. Es geht um den Verdacht geheimer Absprachen zwischen FPÖ und Novomatic für die Bestellung Sidlos. Die Ermittler wollen der Frage nachgehen, was Novomatic davon hatte, für Peter Sidlo zu stimmen.

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