EZB unter Zugzwang
Geldpolitik. Die Europäische Zentralbank wird im September wohl wieder versuchen, die Wirtschaft anzukurbeln. Die sinkende Teuerung zwingt sie dazu: In der Eurozone lag die Inflationsrate zuletzt bei 1,0 Prozent, in Österreich bei 1,4.
Die sinkende Inflation zwingt die EZB, die Wirtschaft anzukurbeln.
Wien. Es klingt so simpel. Die Europäische Zentralbank hat eine Aufgabe: Sie muss für Preisstabilität im Euroraum sorgen. Also für eine milde Inflation, die knapp unter zwei Prozent liegt. So definieren die Notenbanker ihr Ziel. Aber auch das können sie derzeit nicht erreichen. Sowohl in der Eurozone als auch in Österreich ist die Teuerung zuletzt wieder gesunken. Dazu kommen Probleme in Deutschland. Die Bundesbank warnte am Montag vor einer drohenden Rezession.
Die EZB muss jetzt ihre Geldpolitik erneut lockern, sagt Estlands Notenbank-Chef Madis Müller. „Die Teuerung liegt weit unter der Zielmarke der Notenbank,“so das EZB-Ratsmitglied am Montag in Tallinn: „Das kann bedeuten, dass die Zentralbank die Wirtschaft erneut ankurbeln muss.“Der EZB-Rat werde dies auf seiner Sitzung am 12. September diskutieren. Die Inflation im Euroraum war im Juli auf 1,0 Prozent gesunken – nach 1,3 Prozent im Juni.
In Österreich ist die Teuerung zwar traditionell höher als im Euro-Schnitt, aber mit 1,4 Prozent im Juli war die Inflationsrate zuletzt wieder deutlich unterhalb der EZB-Grenze. Die Teuerung ist damit noch weiter zurückgegangen, betrug sie im Vormonat Juni noch 1,6 Prozent. Wohnungsmieten verteuerten sich im Jahresvergleich aber um 3,3 Prozent und blieben erneut ein Preistreiber. Günstiger wurde es für Reisefreudige: Flugtickets (-9,8 Prozent), Flugpauschalreisen (-3,3 Prozent) sowie Dieseltreibstoff (-2,9 Prozent) verbilligten sich im Jahresabstand, so die Statistik Austria am Montag.
Teure Flachfernseher
Die Preise für Wohnen und Restaurants waren für etwa zwei Drittel der Inflation verantwortlich. Abgesehen von den Mieten erhöhten sich auch die Betriebskosten für Eigentumswohnungen (+7,5 Prozent) und die Ausgaben für Haushaltsenergie (+3,1 Prozent), wozu überwiegend höhere Strompreise beitrugen (+5,0 Prozent). Die Ausgaben für feste Brennstoffe stiegen um 4,0 Prozent, jene für Fernwärme um 1,9 Prozent und jene für Gas um 1,2 Prozent, die Heizölpreise hingegen gingen um 1,9 Prozent zurück. Preissteigerungen gab es auch bei Flachbildfernsehern (+11,7 Prozent) und Euromillionen (+13,6 Prozent).
Doch nicht alles wurde teurer. Deutlich billiger wurde im Vergleich zu Juli 2018 etwa Mobiltelefonie, und zwar im Schnitt um 6 Prozent. Nachrichtenübermittlung kostete um 4,5 Prozent weniger, Telefon- und Telefaxdienste wurden um 3,9 Prozent billiger. Auch an der Zapfsäule mussten Verbraucher weniger ausgeben: Treibstoffe verbilligten sich um 2,5 Prozent. (ag.)