Johnson erhöht Druck auf die Europäer
Britischer Premier fordert EU-Austritt ohne Backstop.
London. Wie ernst meint es Boris Johnson mit seiner Drohung, Großbritannien am 31. Oktober notfalls ohne einen Deal aus der EU zu führen? Diese Frage beschäftigt die europäischen Entscheidungsträger, die auf das Ende der politischen Sommerpause und konkrete Vorschläge des britischen Premierministers warten. Die kommenden Tage könnten diesbezüglich erste Indizien liefern, denn im Vorfeld des G7-Treffens in Biarritz am kommenden Wochenende wird Johnson in Berlin und Paris erwartet.
Am gestrigen Montag äußerte Johnson seine Zuversicht, dass Großbritanniens „Freunde und Partner auf der anderen Seite des Kanals“ihre Verhandlungsposition revidieren und die Rückfallklausel zur Verhinderung von Grenzkontrollen zwischen Irland und Nordirland zu kassieren. Der sogenannte „Backstop“war ursprünglich von Johnsons Vorgängerin Theresa May gefordert worden und ist Teil des Austrittsabkommens, das die britische Regierung und die EU im vergangenen Herbst fixiert hatten – und das von den britischen Abgeordneten dreimal abgelehnt wurde.
„Auf alles vorbereitet“
Die EU hat wiederholt erklärt, dass der Austrittsvertrag nicht aufgeschnürt und der Backstop nicht gestrichen werden kann. Insofern ist die Begeisterung für Johnsons Forderung enden wollend. Nach einem Bericht der „Financial Times“sieht Berlin den ungeregelten Brexit am 31. Oktober mittlerweile als das wahrscheinlichste Szenario an. „Wir sind auf alles vorbereitet“, erklärte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Sonntag.
Indes versucht die britische Opposition, ein Zweckbündnis zur Verhinderung des ungeregelten EU-Austritts zu schmieden. Labour-Chef Jeremy Corbyn will kommende Woche mit den Spitzen anderer Parteien über Wege beraten, wie sich ein Brexit ohne Abkommen noch verhindern lässt. Der Sozialdemokrat will Johnson mit Hilfe eines Misstrauensantrags zu Fall bringen und eine Übergangsregierung unter seiner Führung bilden. (ag.)