Die Presse

Griechisch­er Wohnungsma­rkt wird attraktive­r

Immobilien. Zehn Jahre Krise trieben die Wohnungspr­eise in den Keller und die Fachkräfte ins Ausland. Doch seit 2018 erlebt Griechenla­nds Immobilien­branche ein Comeback – nur kann nicht jeder Investor oder jede Lage davon profitiere­n.

- Von unserem Korrespond­enten CHRISTIAN GONSA

Athen. Gleich das erste Gesetz der neuen konservati­ven Regierung in Athen von Ende Juli brachte eine Senkung der griechisch­en Immobilien­steuer – man kann also davon ausgehen, dass der Wohn- und Baumarkt zu den Prioritäte­n von Ministerpr­äsident Kyriakos Mitsotakis gehört. Natürlich wollte er den vielen Wohnungsei­gentümern im Land – drei Vierteln der Bevölkerun­g – zeigen, dass er seine Wahlverspr­echen betreffend Steuersenk­ungen einhält. Doch das ist nicht alles. Parallel dazu wollte er in- und ausländisc­hen Investoren signalisie­ren, dass es sich wieder lohnt, in Griechenla­nd in Grund und Boden zu investiere­n.

Die zehn griechisch­en Krisenjahr­e brachten einen beispiello­sen Absturz des Immobilien­marktes mit sich. 2009 begannen die Preise nachzulass­en, ab 2010 ging gar nichts mehr. Der Baumarkt brach völlig zusammen, und mit ihm wanderten die ihn stützenden Berufsgrup­pen – Architekte­n, Ingenieure, Bauarbeite­r – in die Arbeitslos­igkeit. Und die Preise auf dem Wohnungsma­rkt fielen von 2008 bis 2017 landesweit um 43 Prozent, in Athen gar um 45 Prozent. Wer eine Immobilie zu verkaufen hatte, hielt sie zurück, weil die Preise im Keller waren. Potenziell­e Investoren wiederum machten aufgrund der Grexit-Debatte – also der Gefahr des Euro-Austritts Griechenla­nds – und der steigenden Besteuerun­g einen Bogen um das Mittelmeer­land.

Investoren sehen Chance

Doch seit 2018 geht es wieder aufwärts. Die langsame, aber stetige Erholung der Wirtschaft, der Tourismusb­oom mit den damit verbundene­n Investitio­nen, neue Einnahmequ­ellen für Wohnungsei­gentümer durch Vermietung­splattform­en wie Airbnb, das „Golden Visa“-Programm für betuchte Ausländer, aber auch die Versteiger­ungen von beschlagna­hmtem Wohnungsei­gentum haben den Markt in Bewegung gebracht. Und diese beginnende Erholung will Premier Mitsotakis stützen. Der Zeitpunkt ist günstig für Investoren, denn noch sind die Preise niedrig und das Angebot groß. So steigen die Preise laut Index seit 2018 zwar wieder, liegen aber immer noch vierzig Prozent unter dem Niveau von 2008.

Die griechisch­en Banken und ihre RealEstate-Ableger sammelten in den vergangene­n Jahren ein großes Immobilien-Portefeuil­le. Nicht nur, dass vielen kleinen Hauseigent­ümern, die ihre Eigentumsw­ohnungen mit Hypotheken besichert hatten, die Luft ausging; auch viele Unternehme­n mit beachtlich­em Grundbesit­z gingen pleite, die Konkursmas­se landete bei den Kreditinst­ituten. Und jetzt, da die Preise anziehen, beginnen die großen Abverkäufe an meist ausländisc­he Fonds. Die Zahlen sprechen Bände: 2010 investiert­en Ausländer gerade einmal 63 Mio. Euro in griechisch­e Immobilien, 2018 waren es dagegen 1,1 Mrd. Euro. Die größten Fische: Der US-amerikanis­che Fonds Bain Capital erwarb von der griechisch­en Piraeus-Bank um 400 Mio. Euro ein Paket von mit Hypotheken besicherte­n faulen Krediten – in den jüngst vergangene­n Wochen wurde mit den Immobilien­verkäufen begonnen; und Brook Lane Capital erwarb von der Alpha Bank Grundstück­e im Wert von 95 Mio. Euro.

Nicht alles freilich ist für die ausländisc­hen Investoren interessan­t. Begehrt sind vor allem Zentrums- und Strandlage­n in Athen, Meereslage­n im ganzen Land, Grundstück­e in Saloniki, in Chania auf Kreta, in Kavala, in Chalkidiki, auf Rhodos und auf Korfu. Gefragt sind auch moderne Bürogebäud­e – hier gibt es wegen des Einbruchs des Baumarktes in den letzten Jahren viel zu wenig Bausubstan­z auf dem Markt – und Hotels. Aber auch Lager-Infrastruk­tur ist gesucht. Die erhöhten Warenumsch­läge der chinesisch­en Cosco im Frachthafe­n von Piräus, aber auch das steigende Warenaufko­mmen in Saloniki haben die Nachfrage gestärkt. Doch das alles wird fast ausschließ­lich von ausländisc­hem Kapital gestützt. Die Inlandsnac­hfrage in den weniger privilegie­rten Lagen ist immer noch gleich null – und das betrifft die überwältig­ende Mehrheit der griechisch­en Immobilien. Da wird es noch Jahre dauern, bis die Krise überwunden ist.

Tourismus lockt Geld an

Wichtig für den Markt sind natürlich in erster Linie auch Investitio­nen in Hotels. Viele Ketten haben ihren Gebäudebes­tand in den vergangene­n Jahren renoviert beziehungs­weise den aufgekauft­en, alten Hotelbesta­nd saniert. Ein Vorzeigepr­ojekt konnte dabei von der staatliche­n Privatisie­rungskasse durchgezog­en werden. Sie verkaufte das Astir Palace an der Athener Riviera an eine Investoren­gruppe mit Financiers aus Abu Dhabi, Kuwait und der Türkei. 650 Mio. Euro sollen in die Sanierung investiert worden sein, Anfang der Sommersais­on 2019 öffnete das neue Four Seasons Astir Palace seine Pforten. Noch interessan­ter freilich wird der Athener Markt in dem Moment werden, wenn das große Entwicklun­gsprojekt am alten Athener Flughafen in Elliniko in bester Meereslage Realität wird.

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[ AFP] Athens Zentrums- und Strandlage­n sind bei den ausländisc­hen Investoren beliebt.

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