Griechischer Wohnungsmarkt wird attraktiver
Immobilien. Zehn Jahre Krise trieben die Wohnungspreise in den Keller und die Fachkräfte ins Ausland. Doch seit 2018 erlebt Griechenlands Immobilienbranche ein Comeback – nur kann nicht jeder Investor oder jede Lage davon profitieren.
Athen. Gleich das erste Gesetz der neuen konservativen Regierung in Athen von Ende Juli brachte eine Senkung der griechischen Immobiliensteuer – man kann also davon ausgehen, dass der Wohn- und Baumarkt zu den Prioritäten von Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis gehört. Natürlich wollte er den vielen Wohnungseigentümern im Land – drei Vierteln der Bevölkerung – zeigen, dass er seine Wahlversprechen betreffend Steuersenkungen einhält. Doch das ist nicht alles. Parallel dazu wollte er in- und ausländischen Investoren signalisieren, dass es sich wieder lohnt, in Griechenland in Grund und Boden zu investieren.
Die zehn griechischen Krisenjahre brachten einen beispiellosen Absturz des Immobilienmarktes mit sich. 2009 begannen die Preise nachzulassen, ab 2010 ging gar nichts mehr. Der Baumarkt brach völlig zusammen, und mit ihm wanderten die ihn stützenden Berufsgruppen – Architekten, Ingenieure, Bauarbeiter – in die Arbeitslosigkeit. Und die Preise auf dem Wohnungsmarkt fielen von 2008 bis 2017 landesweit um 43 Prozent, in Athen gar um 45 Prozent. Wer eine Immobilie zu verkaufen hatte, hielt sie zurück, weil die Preise im Keller waren. Potenzielle Investoren wiederum machten aufgrund der Grexit-Debatte – also der Gefahr des Euro-Austritts Griechenlands – und der steigenden Besteuerung einen Bogen um das Mittelmeerland.
Investoren sehen Chance
Doch seit 2018 geht es wieder aufwärts. Die langsame, aber stetige Erholung der Wirtschaft, der Tourismusboom mit den damit verbundenen Investitionen, neue Einnahmequellen für Wohnungseigentümer durch Vermietungsplattformen wie Airbnb, das „Golden Visa“-Programm für betuchte Ausländer, aber auch die Versteigerungen von beschlagnahmtem Wohnungseigentum haben den Markt in Bewegung gebracht. Und diese beginnende Erholung will Premier Mitsotakis stützen. Der Zeitpunkt ist günstig für Investoren, denn noch sind die Preise niedrig und das Angebot groß. So steigen die Preise laut Index seit 2018 zwar wieder, liegen aber immer noch vierzig Prozent unter dem Niveau von 2008.
Die griechischen Banken und ihre RealEstate-Ableger sammelten in den vergangenen Jahren ein großes Immobilien-Portefeuille. Nicht nur, dass vielen kleinen Hauseigentümern, die ihre Eigentumswohnungen mit Hypotheken besichert hatten, die Luft ausging; auch viele Unternehmen mit beachtlichem Grundbesitz gingen pleite, die Konkursmasse landete bei den Kreditinstituten. Und jetzt, da die Preise anziehen, beginnen die großen Abverkäufe an meist ausländische Fonds. Die Zahlen sprechen Bände: 2010 investierten Ausländer gerade einmal 63 Mio. Euro in griechische Immobilien, 2018 waren es dagegen 1,1 Mrd. Euro. Die größten Fische: Der US-amerikanische Fonds Bain Capital erwarb von der griechischen Piraeus-Bank um 400 Mio. Euro ein Paket von mit Hypotheken besicherten faulen Krediten – in den jüngst vergangenen Wochen wurde mit den Immobilienverkäufen begonnen; und Brook Lane Capital erwarb von der Alpha Bank Grundstücke im Wert von 95 Mio. Euro.
Nicht alles freilich ist für die ausländischen Investoren interessant. Begehrt sind vor allem Zentrums- und Strandlagen in Athen, Meereslagen im ganzen Land, Grundstücke in Saloniki, in Chania auf Kreta, in Kavala, in Chalkidiki, auf Rhodos und auf Korfu. Gefragt sind auch moderne Bürogebäude – hier gibt es wegen des Einbruchs des Baumarktes in den letzten Jahren viel zu wenig Bausubstanz auf dem Markt – und Hotels. Aber auch Lager-Infrastruktur ist gesucht. Die erhöhten Warenumschläge der chinesischen Cosco im Frachthafen von Piräus, aber auch das steigende Warenaufkommen in Saloniki haben die Nachfrage gestärkt. Doch das alles wird fast ausschließlich von ausländischem Kapital gestützt. Die Inlandsnachfrage in den weniger privilegierten Lagen ist immer noch gleich null – und das betrifft die überwältigende Mehrheit der griechischen Immobilien. Da wird es noch Jahre dauern, bis die Krise überwunden ist.
Tourismus lockt Geld an
Wichtig für den Markt sind natürlich in erster Linie auch Investitionen in Hotels. Viele Ketten haben ihren Gebäudebestand in den vergangenen Jahren renoviert beziehungsweise den aufgekauften, alten Hotelbestand saniert. Ein Vorzeigeprojekt konnte dabei von der staatlichen Privatisierungskasse durchgezogen werden. Sie verkaufte das Astir Palace an der Athener Riviera an eine Investorengruppe mit Financiers aus Abu Dhabi, Kuwait und der Türkei. 650 Mio. Euro sollen in die Sanierung investiert worden sein, Anfang der Sommersaison 2019 öffnete das neue Four Seasons Astir Palace seine Pforten. Noch interessanter freilich wird der Athener Markt in dem Moment werden, wenn das große Entwicklungsprojekt am alten Athener Flughafen in Elliniko in bester Meereslage Realität wird.