„Sylvia“: Faune und Nymphen springen wieder
Staatsoper: Manuel Legris’ zweites abendfüllendes Ballett – demnächst an der Scala – bezaubert wieder.
Mit stark durchgestreckten Armen, erhobenem Bogen und schnellen Sprüngen treten sie auf: die jagenden Nymphen in Manuel Legris’ Neufassung der 1876 uraufgeführten „Sylvia“von Louis Merante´ zur facettenreichen Musik von Leo´ Delibes. Mag die Handlung nach Tassos Hirtenspiel „Aminta“auch etwas sperrig sein, beweist der Abend umso mehr die Wandlungsfähigkeit und das hohe technische Niveau des Staatsballetts.
Als Nymphe Sylvia, die sich trotz Keuschheitsgelübde in den Hirten Aminta verliebt, entführt und schließlich von Eros gerettet wird, zeigte anlässlich der Wiederaufnahme Nikisha Fogo einerseits komplexe Drehkombinationen und schwierige Balancen, andererseits eine große Palette an Emotionen, durchmaß entschlossen auf Spitze die Bühne, um Sylvia mit großem Selbstbewusstsein auszustatten, wickelte ihren Entführer mit geschmeidigen Bewegungen um den Finger, drehte sich schwelgerisch-fließend in den Armen des Geliebten . . .
Sowohl Denys Cherevychko als auch Davide Dato waren starke Partner und beeindruckende Solisten. Ersterer gefiel als Aminta auch mit beeindruckenden gedrehten Spagatsprüngen, flinken Beinen und schier unendlichen Drehungen. Letzterer agierte zwar teilweise rollenadäquat bösartig und mit entsprechender Coolness, mit großer Leichtigkeit in den Sprüngen und ausladenden Bewegungen, zeigte aber auch die Sehnsucht des „schwarzen Jägers“Orion.
Der Eros Geraud´ Wielicks, ausdrucksstark und ein verlässlicher Partner für Fogo, könnte in den Sprungkombinationen noch an Sicherheit zulegen.
Von Legris stark aufgewertet wurde die Partie der Diana, ist sie doch durch ihre Regeln erst der Grund dafür, dass Sylvia und Aminta einander vorerst nicht bekommen dürfen. Im Prolog zeigt Legris jedoch, dass auch die scheinbar kalte Göttin vor der Liebe nicht gefeit ist. Madison Young zauderte und schwankte glaubhaft, an jedem ihrer einmal zögerlichen, einmal kraftvollen Schritte merkte man, wie das Gelübde zu bröckeln begann. Dumitru Taran gefiel als sprungstarker, kecker Faun, Sveva Gargiulo als agile Bäuerin. Elena Bottaros Najade war bei ihrem Debüt die Nervosität noch anzumerken.
Delibes’ Musik sticht aus der üblichen Ballettmusik hervor, gefällt durch motivische Dichte, melodische Vielfalt, kunstvolle Instrumentation, Kevin Rhodes dirigierte gewohnt tänzerfreundlich und achtsam, was die große Harmonie der Aufführung noch unterstrich.