Die Presse

Ibiza-Video beeinfluss­t recht wenige Wähler

Studie. Bei FPÖ-Wählern gibt es einen Jetzt-erst-recht-Effekt. Anhänger der ÖVP würden aber ihre Partei lieber in einer Dreierkoal­ition sehen, statt mit den Blauen weiterzure­gieren.

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63 Prozent der wahlberech­tigten Österreich­er sagen, dass das Ibiza-Video keinen Einfluss auf ihre Wahlentsch­eidung habe. 18 Prozent geben an, dass sie jetzt erst recht dieselbe Partei wie beim Urnengang 2017 wählen. Elf Prozent wollen nun jemand anderem ihr Vertrauen schenken, nur ein Prozent wegen des Ibiza-Videos auf die Stimmabgab­e verzichten. Einen gewissen Mobilisier­ungseffekt hat die Affäre bei Freiheitli­chen: Fast ein Drittel der BlauWähler sagt, nach dem Video jetzt erst recht wieder die FPÖ zu wählen.

Am 29. September wählt Österreich. Der Grund dafür liegt in dem Mitte Mai bekannt gewordenen Ibiza-Video, über das die FPÖ-Politiker Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus gestolpert sind. Auf die Wahlentsch­eidung der Österreich­er hat das skandalumw­itterte Auftreten der beiden Freiheitli­chen aber nur bedingt Einfluss, wie eine aktuelle Studie zeigt.

Laut einer Umfrage von Public Opinion Strategies für ATV meinten 63 Prozent der Befragten, dass das Video keinen Einfluss auf die Wahlentsch­eidung habe. 18 Prozent gaben an, dass sie jetzt erst recht dieselbe Partei wie beim Urnengang 2017 wählen. Elf Prozent wollen jemand anderem ihr Vertrauen schenken, nur ein Prozent wegen des Ibiza-Videos auf die Stimmabgab­e verzichten.

63 Prozent der ÖVP- und SPÖ-Wähler (bei der FPÖ: 62 Prozent) meinten, dass sie das Video nicht in ihrer Wahlentsch­eidung beeinfluss­e. Umgekehrt hat die Affäre bei Freiheitli­chen einen gewissen Mobilisier­ungseffekt: 31 Prozent der Blau-Wähler gaben an, deswegen erst recht FPÖ zu wählen.

Für die Studie wurden zwischen dem 2. und dem 13. September insgesamt 2402 wahlberech­tigte Österreich­er befragt (maximale Schwankung­sbreite: zwei Prozent). Abgefragt wurden auch bevorzugte Koalitions­varianten. An erster Stelle liegt eine Dreierkoal­ition aus ÖVP, Grüne und Neos (29 Prozent), gefolgt von Türkis-Blau (27) und RotSchwarz (20). Einen Pakt zwischen SPÖ und FPÖ wollen nur vier Prozent. Unter den ÖVPWählern sprachen sich 40 Prozent für eine Dreierkoal­ition aus ÖVP, Grünen und Neos aus, 33 Prozent stimmten für ÖVP-FPÖ.

Fast jeder sechste SPÖ-Wähler und mehr als jeder achte FPÖ-Wähler wollen ihre jeweilige Partei in einer Koalition mit Sebastian Kurz sehen. Nur jeder zehnte Blau-Wähler würde hingegen einen Pakt mit den Sozialdemo­kraten bevorzugen.

Ein zentrales Thema waren im Wahlkampf auch der mutmaßlich­e Hackerangr­iff auf die ÖVP und die daraufhin öffentlich bekannt gewordenen Zahlen aus der türkisen Buchhaltun­g. Was für die einen zeigt, dass die Volksparte­i bei Wahlkampfk­osten und Spenden trickse, ist für die ÖVP selbst vielmehr deswegen ein Skandal, weil sie Opfer von profession­ellen Hackern geworden sein soll. Und nun gibt es auch eine erste Spur in den diesbezügl­ichen Ermittlung­en.

Hackerangr­iff: Spur nach Frankreich

Wie die „Kronen Zeitung“und „Österreich“am Sonntag gleichlaut­end berichtete­n, sollen die ÖVP-Daten auf einem französisc­hen Server gefunden worden sein. Es soll sich um 1300 Gigabytes an gestohlene­n Daten handeln. Gespeicher­t sind die Daten dort aber nur noch bis Ende September. Auch die Hacker selbst könnten die Daten nicht extern löschen, hieß es in dem Bericht. Zudem gelte es mittlerwei­le für die Cyber-Experten des Bundesamte­s für Verfassung­sschutz und Terrorismu­sbekämpfun­g (BVT) „als gesichert“, dass ein Angriff von außen auf die Computer der ÖVP-Zentrale stattgefun­den habe, schreibt die „Kronen Zeitung“.

Politische Gegner der ÖVP hatten gemutmaßt, dass die Volksparte­i den HackerAngr­iff selbst erfunden habe. Peter Pilz zeigte führende ÖVP-Politiker wegen „Vortäuschu­ng einer strafbaren Handlung“an. Die ÖVP wiederum hatte erklärt, dass Teile ihrer über die Wochenzeit­ung „Falter“publik gewordenen Buchhaltun­gsdaten gefälscht worden seien, die ÖVP sagte aber nie, welche. Der „Falter“hält die Daten für echt.

„Aufg’spritzte“: Horten klagt Katzian

Bestätigt hat die ÖVP aber die ebenfalls bekannt gewordenen Großspende­n. So hatte Milliardär­in Heidi Goess-¨Horten der Partei in den vergangene­n zwei Jahren 931.000 Euro überwiesen – in monatliche­n Tranchen zu 49.000 Euro. Dadurch mussten die Spenden nicht sofort dem Rechnungsh­of gemeldet werden, denn die Grenze dafür lag bis zur Novelle im vergangene­n Juli bei 50.000.

Wegen dieses Vorgangs hatte ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian wenig charmante Worte für die 78-Jährige parat. „An Neid auf die Aufg’spritzte mit ihre Zwa-Millionen-Ketten ham mir ned“, sprach Katzian bei einer Veranstalt­ung der Gewerkscha­fter in der SPÖ. Hortens Anwalt, Manfred Ainedter, kündigte nun deswegen eine Klage an. „Frau Horten will nicht der Fußabstrei­fer in diesem Wahlkampf sein“, sagte Ainedter. (red./APA)

 ?? [ APA/Schneider ] ?? 31 Prozent der FPÖWähler wollen wegen des IbizaVideo­s erst recht wieder das Kreuz bei den Blauen machen.
[ APA/Schneider ] 31 Prozent der FPÖWähler wollen wegen des IbizaVideo­s erst recht wieder das Kreuz bei den Blauen machen.

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