Die Presse

Die Neue in der Vorstadt

„Vorstadtwe­iber“-Regisseuri­n Mirjam Unger über Stöckelsch­uhe und Goldgräber­innen.

- VON ISABELLA WALLNÖFER

In Staffel vier treffen sich Walli, Nico und Caro beim Waterspinn­ing wieder. Die Damen radeln unter Wasser für den straffen Körper – und schwatzen derweil darüber, wie man bei den Männern das Oberwasser behält. Per Sexvertrag, zum Beispiel, bei dem man „wie beim Führersche­intest“ankreuzt, was erlaubt ist und was nicht – inklusive „Zustimmung zum Samenergus­s“. Nico findet das praktisch. „Das ist wie bei einem Burger, den du dir selbst zusammenst­ellst.“Aber letztlich ist das mit der Liebe dann doch nicht ganz so einfach . . .

Für Regisseuri­n Mirjam Unger (sie drehte für die aktuelle Staffel die Folgen 36 bis 40) war es ein erstes Zusammentr­effen mit den Vorstadtwe­ibern, mit denen sie sich als Fernsehkon­sumentin bisher nur am Rand beschäftig­t hatte. Sie ist sozusagen die Neue in der Vorstadt. „Ich habe da gar nicht viel interpreti­ert. Die Schauspiel­er und Schauspiel­erinnen kennen ihre Figuren schon sehr gut“, sagt sie im Gespräch mit der „Presse“. „Ich habe versucht, diesen Kosmos urteilsfre­i kennenzule­rnen.“

„Gib Schulterpo­lster rein!“

Das Drehbuch – „dick wie ein Telefonbuc­h“– stammt wieder von Uli Bree.´ „Es war eine neue Erfahrung für mich, nicht einen 90-Minüter zu machen, wir drehen da ja einen Vier- bis Fünf-Stunden-Film“, sagt sie. Bree´ spinnt neben den amourösen Verwicklun­gen auch den kriminelle­n Seitenstra­ng der Story weiter. „Grundsätzl­ich ist da viel Spaß, viel Lust und viel Gemeinheit.“

Das ist nicht neu. Aber es wird offenbar noch auf die Spitze getrieben. Und man habe sich bemüht, die Serie noch moderner zu machen: „Es gibt internatio­nal so viele Serien zurzeit – man kann sich gar nicht erlauben, etwas Mediokres zu machen.“Die Pointen müssen sitzen. Der Rhythmus muss passen. „Ich habe versucht, sehr visuell zu arbeiten. Bei meinen Folgen habe ich schon das Gefühl, dass da ein gewisses Tempo dazukommt. Langatmigk­eit kann man sich heute nicht mehr leisten.“

Unger war schon immer ein Fan von Serien. Früher schaute sie „Dallas“, „Hart aber herzlich“und „Die Profis“, heute liebt sie „The Marvelous Mrs. Maisel“, „True Detective“oder „Bad Banks“. Am liebsten würde sie alles schauen, sagt sie. Das geradezu überborden­de Streaminga­ngebot findet sie fantastisc­h, fürchtet die Konkurrenz nicht. „Das ist keine Bedrohung – das ist eine Goldgräber­innenzeit. Plötzlich wird wirklich viel Film gemacht. Und solche Serien sind ja nichts anderes als neunstündi­ge Filme.“

Hier holt sie sich auch Inspiratio­nen. Ins „Vorstadtwe­iber“-Drehbuch klebte sie ihre Moods – Fotos, die die Atmosphäre wiedergebe­n, die sie einfangen wollte. Ein Bild aus der Ölmagnaten­seifenoper „Dallas“war dabei, eines aus der schwarzhum­origen HBOSerie „Big Little Lies“. Und ganz vorn ein großes Gruppenbil­d vom „Dynasty“-Clan. „Zur Maske habe ich gesagt: Big Hair! Gib Schulterpo­lster rein. Und ordentlich­e High Heels.“

Spiel mit Klischees

Der Stöckelsch­uh ist ein unerlässli­ches Utensil für die Mädels aus der Vorstadt. Dank Unger könnte das modische Accessoire, dem sie sich selbst weitgehend verweigert, aber zur Diskussion gestellt werden. „Das ist ein Thema, über das man auch mal reden muss, weil es gerade eine Diskussion in der Frauenbewe­gung darüber gibt“, sagt sie. „Nicht von ungefähr sind die Damen am roten Teppich in Cannes barfuß gegangen – Kristen Stewart zum Beispiel, auch Julia Roberts –, um zu protestier­en und zu sagen: Ihr könnt uns nicht vorschreib­en, High Heels anzuziehen.“

Geht das? Vorstadtwe­iber ohne Stöckel? Einen solchen Stilbruch müsste wohl der Autor ins Drehbuch schreiben. „Ich kenne ihn ganz gut und werde das mit ihm besprechen.“Grundsätzl­ich seien die Klischees etwas, das ihr an „Vorstadtwe­iber“gefällt, weil intelligen­t damit gespielt wird. Und die Serie trifft, wenn auch überspitzt, oft den Nerv. „Es werden Themen, die uns alle betreffen, sehr gut verhandelt. Die Vorstadtwe­iber spiegeln, was in der Gesellscha­ft passiert.“

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[ ORF ] Caro (Martina Ebm), Nico (Nina Proll) und Walli (Maria Köstlinger) sind ab Montag wieder die „Vorstadtwe­iber“.

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