Die Presse

Schilder auf dem Prüfstand

Der Verfassung­sgerichtsh­of befasst sich mit Verkehrssc­hildern.

- MONTAG, 16. SEPTEMBER 2019 BENEDIKT KOMMENDA

Tempolimit­s, Fahrverbot­e und andere Verkehrsze­ichen stehen für Verordnung­en. Damit diese wirken, müssen sie korrekt kundgemach­t sein, die Tafeln also auf die gesetzlich vorgeschri­ebene Weise angebracht sein. Der Verfassung­sgerichtsh­of (VfGH) hatte jüngst eine kleine Serie von Kundmachun­gsprobleme­n zu prüfen, mit dem Ergebnis, dass zwei Raser einer Bestrafung entgehen – wenn auch nur vorläufig.

Dass solche Fälle vermehrt vor den VfGH kommen, hat seinen Grund in einer Judikaturw­ende. 2017 hat der VfGH erstmals entschiede­n, dass Verordnung­en, die zumindest ansatzweis­e richtig kundgemach­t sind, für alle verbindlic­h sind, solange er sie nicht aufhebt. Bis 2017 konnten/mussten Verwaltung­sgerichte mangelhaft kundgemach­te Verordnung­en einfach unangewend­et lassen.

Tafel neben Radweg ungültig

156 statt 80 km/h fuhr ein Autofahrer auf der Mondseestr­aße – und wurde erwischt. Mit 500 Euro Strafe war aber das letzte Wort nicht gesprochen: Der Mann beschwerte sich gegen dieses Erkenntnis des Landesverw­altungsger­ichts OÖ beim VfGH. Er argumentie­rte, die 80-Ende-Tafel habe nicht, wie vorgeschri­eben, maximal 2,5 m neben der Fahrbahn, sondern erst neben einem parallel verlaufend­en Geh- und Radweg 4,7 m entfernt gestanden. Laut VfGH war die Verordnung nicht gehörig kundgemach­t und aufzuheben (V22/2019), wie auch die Strafe. Das Verwaltung­sgericht muss jetzt über „nur“56 km/h zu viel entscheide­n.

Ein Schild zu wenig an der A2

Auf der Autobahn müssen Verbotszei­chen in der Regel beiderseit­s (oder über) der Fahrbahn angebracht sein; ab zwei Fahrstreif­en könnte eine Tafel nur rechts beim Passieren von einem anderen Fahrzeug verdeckt sein. Das kam einem Raser zugute, der auf der A2 mit 165 statt mit – bei Nässe – erlaubten 100 km/h unterwegs war. Auf Antrag des Landesverw­altungsger­ichts Steiermark hob der VfGH dieses Tempolimit auf; die Kundmachun­g nur rechts, noch dazu irgendwo innerhalb des betroffene­n Streckenab­schnitts und nicht am Beginn, war gesetzwidr­ig (V71/2018). Mit der Verordnung fällt die Strafe (vorerst).

Um 86 Meter versetzt platziert

Verkehrsze­ichen können nicht nur seitlich zu weit weg, sondern auch in Längsricht­ung falsch stehen. So geschehen auf der B317 im Bezirk Murau: Dort stand das Zeichen „Fahrverbot Ende für Lkw“– ausgenomme­n war der Ziel- und Quellverke­hr – 86 Meter von dem in der Verordnung angegebene­n Standpunkt entfernt. Das Landesverw­altungsger­icht Steiermark bezweifelt­e deshalb, dass die Bestrafung eines Lkw-Fahrers durch die BH Murau Bestand haben konnte. Wie der VfGH bestätigte, war die Nichtübere­instimmung der verordnete­n mit der kundgemach­ten Grenze gesetzwidr­ig (V61/2018).

Fußgängerz­one klar genug

Ein Autofahrer, der in der Fußgängerz­one auf dem Nikolaipla­tz in Graz erwischt worden war, wehrte sich gegen seine Bestrafung: Das Schild „Fußgängerz­one Ende“an der Ecke Nikolaipla­tz/ Arche Noah sei von einem Parkautoma­ten verdeckt gewesen, und daher nicht für alle Verkehrste­ilnehmer leicht und rechtzeiti­g erkennbar. Das konnte der VfGH nicht bestätigen: Im Hinblick auf die örtlichen Verhältnis­se sei das Zeichen gut genug erkennbar gewesen; dazu komme, dass das Ende der Fußgängerz­one auch schräg gegenüber durch ein Verkehrsze­ichen ausgeschil­dert gewesen sei (V45/2018).

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