Nur auf den ersten Blick ein Profiteur
Taiwan. Vom Handelskrieg zwischen den USA und China hat Taiwan bisher profitiert – politisch jedenfalls. Wirtschaftlich kann er für den Inselstaat jedoch zu einem echten Problem werden.
Politisch gesehen sei der Handelskrieg zwischen den USA und China für Taiwan von Vorteil, sagte der taiwanesische Außenminister Joesph Wu kürzlich in einem Gespräch zur „Presse“: „Wenn die Beziehungen zwischen den USA und China schlecht sind, ist es völlig natürlich, dass die Trump-Administration unser Land noch intensiver unterstützt.“
Doch welche Auswirkungen hat es für die Wirtschaft der kleinen Insel im Chinesischen Meer, wenn sich die USA und China in den Haaren liegen? So schlecht die politischen Beziehungen zur Volksrepublik China sind, so eng verflochten sind die Länder wirtschaftlich. Taiwan lebt vom Export seiner hoch technisierten Produkte. Bei vielen IT-Komponenten ist das Land Weltmarktführer und in der Zulieferkette nicht wegzudenken. Bei zahlreichen IT-Bauteilen ist die IT-Branche weltweit auf taiwanesische Schlüsselkomponenten angewiesen.
Taiwanische Unternehmen produzieren vor allem als sogenannte Original Equipment Manufacturer (OEM), sie sind also Hersteller von Komponenten und Produkten, bringen diese aber nicht selbst in den Einzelhandel. Die Foxconn Technology Group (Hon Hai Industry) ist ein prominentes Beispiel dafür. Das Unternehmen ist einer der größten Hersteller von Elektronik- und Computerteilen auf der Welt und produziert als Auftragshersteller etwa für Hewlett-Packard, Dell, Apple, Nintendo, Microsoft und Sony.
Eigene Marken für den Endabnehmer gelang es den taiwanesischen Konzernen – mit Ausnahmen wie HTC, Acer oder Asus – noch nicht zu etablieren.
Vielen taiwanesischen Unternehmen wurde in den vergangenen Jahren die Fertigung im eigenen Land zu kostspielig, denn die Produktionskosten sind relativ hoch. Deshalb haben viele von ihnen ihre Fabriken auf dem chinesischen Festland gebaut. Die Investitionen der Taiwanesen in China werden mittlerweile zwischen 80 und 280 Milliarden US-Dollar geschätzt, das entspricht 60 Prozent der taiwanesischen Auslandsinvestitionen.
Doch in den vergangenen Monaten hat aufgrund der angespannten Lage zwischen Chinas Präsident Xi Jinping und US-Präsident Donald Trump bei taiwanesischen Unternehmen ein Umdenken eingesetzt. Einigen von ihnen wurde die Situation in China bereits zu brisant. Deshalb entschieden sie sich, das Land wieder zu verlassen und nach Taiwan zurückzukehren.
„Davon profitieren wir natürlich“, sagt Außenminister Wu. „Wir heißen diese Unternehmen sehr herzlich bei uns willkommen.“Tat
Politisch sind die Beziehungen zwischen Taiwan und China denkbar schlecht. Denn die Volksrepublik erkennt Taiwan nicht als souveränen Staat an. Wirtschaftlich ist der Inselstaat stark vom chinesischen Festland abhängig. 41 Prozent seiner Exporte gehen nach China. Schwächelt Chinas Wirtschaft, ist davon zwangsläufig auch jene von Taiwan betroffen. Doch derzeit zeigt man dort Zuversicht und freut sich über jeden Investor, der China den Rücken kehrt und nach Taiwan kommt. sächlich hat Taiwan auch schon diverse steuerliche Anreize gesetzt, um diesen Firmen die Rückkehr ins Heimatland noch leichter zu machen, sagt Wang Mei-hua, Vice Minister of Economic Affairs. Sie weiß, dass die Konkurrenz für das eigene Land groß ist. Vietnam und andere Länder Südostasiens sind für Taiwans Investoren genauso Alternativen zu China.
Nach außen strahlen Taiwans Politiker also Ruhe aus, um den Anschein zu erwecken, der Handelskrieg zwischen China und den USA könne ihrem Land nichts anhaben. Doch schon beim ersten Nachhaken gesteht Außenminister Wu ein, dass ein Schwächeln der Wirtschaft der Volksrepublik China auf Dauer auch seinem Land massiv schaden könne. „Auch wenn wir sehen, dass der Handelskrieg derzeit positive Auswirkungen für unsere Wirtschaft hat, so machen wir uns dennoch große Sorgen, dass – längerfristig betrachtet – vor allem unser Elektronik- und ICT-Bereich (Information- und Kommunikationstechnik) Schaden nehmen könnte.“
Verständlich: Taiwan lebt schließlich vor allem von seinen Exporten. 41 Prozent aller Produkte, die das Land verlassen, landen in China und Hongkong. Alle Bemühungen der vergangenen Jahre, die Exportabhängigkeit vom Festland zu minimieren, zeigten bisher keinen Erfolg.