EZB entlastet Banken bei Negativzins
Die jüngste Maßnahme der Europäischen Zentralbank (EZB), einen Staffelzins für Negativzinsen einzuführen, senkt die Kosten für Österreichs Banken um bis zu 80 Millionen Euro.
Kurz nach der Verkündung der geldpolitischen Maßnahmen der Europäischen Zentralbank (EZB) vergangenen Donnerstag, pendelten die Bankenaktien zwischen Plus und Minus – so als wäre noch nicht ganz klar, was das nun für die Branche zu bedeuten hat.
Während der negative Einlagezins von minus 0,5 Prozent zweifellos die Kosten der Banken erhöht, überschüssiges Geld bei der EZB zu parken, blieb zunächst offen, welche Auswirkungen die neu eingeführte Staffelung dieser Negativzinsen auf die Geldhäuser haben wird. So kündigte die EZB etwas kryptisch an, dass sie künftig einen Freibetrag mit einem sechsfachen Multiplikator der jeweiligen Mindesteinlage gewähren wird.
So nahmen sich Marktteilnehmer und Experten das Wochenende Zeit, um nachzurechnen, was das konkret in Zahlen bedeutet, und sind auf „Presse“-Anfrage zu folgendem Ergebnis gekommen: Österreichs Banken sparen sich durch die neuen EZB-Staffelzinsen bis zur Hälfte der Kosten, die ihnen bisher für überschüssige Liquidität bei der EZB – die sogenannten Strafzinsen – verrechnet wurden. Die Berechnungen basieren auf Zahlen der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) für die gesamte österreichische Bankenbranche und sind abgeleitet vom Mindestreserve-Soll im Juli von knapp vier Milliarden Euro sowie von den Überschussreserven von etwa 38 Milliarden Euro.
So bedeutet der eingangs erwähnte sechsfache Multiplikator in diesem Fall, dass keine Negativzinsen für sechs mal vier Milliarden Euro an Mindestreserve bezahlt werden müssen. Hätte es den Freibetrag also schon im Juli gegeben, hätten Österreichs Banken etwa 24 Milliarden zinsfrei bei der EZB einlegen dürfen.
Da die OeNB aber bisher keine Gesamtkosten für Negativzinsen in Österreich veröffentlicht hat, muss man für weitere Berechnungen auf die Zahlen von Deposit Solutions zurückgreifen. Diese sind laut Branchenkennern treffend. Der Finanzdienstleister bezifferte die Kosten der Strafzinsen für Österreichs Banken mit 158 Millionen Euro im Jahr 2018. Geht man davon aus, dass diese Kosten heuer zumindest nicht steigen, wären es bis zu 80 Millionen Euro, die sich die Bankenbranche dank der neuen EZB-Staffelung ersparen könnte. Mit ähnlichen Berechnungen vertraute Personen sprechen auch von einem „hohen zweistelligen Millionen-Euro-Betrag“.
In Deutschland hat der Bankenverband bereits Zahlen veröffentlicht: 500 Millionen Euro werden deutsche Geldhäuser heuer weniger für Negativzinsen zahlen müssen, insgesamt dürften es künftig rund 1,9 Milliarden Euro sein. Deutsche Banken kam der EZB-Strafzins übrigens in Relation deutlich teurer als österreichische.
Auf Anfrage halten sich die österreichischen Geldinstitute dennoch entweder bedeckt wie die Bank Austria oder befinden sich noch mitten in den Berechnungen wie die Erste Bank. Die Bawag bewertet die EZB-Maßnahme als „neutral“, fügt aber hinzu, dass es sich dabei nur um eine „Zeitpunktbetrachtung“handelt. Von der Raiffeisen International Bank (RBI) heißt es, die tatsächliche Entlastung würde noch von einigen Faktoren abhängen, zum Beispiel vom „Volumen an tatsächlicher Überschussliquidität und der Fähigkeit der Weiterleitung auf der Passivseite“. Dennoch sollte der Effekt bei der RBI „netto leicht positiv“sein. Die Bankenvertreter bei der Wirtschaftskammer hätten indes nicht die Kapazitäten für solche Berechnungen, lehnen die Negativzinsen aber grundsätzlich ab.