Die Presse

EU-Staatsanwa­ltschaft: Kövesi vor dem Durchbruch

Justiz. Die prominente rumänische Korruption­sjägerin darf nun das grüne Licht der EU-Botschafte­r erwarten.

- Von unserem Korrespond­enten OLIVER GRIMM

Die Frage, wer nächstes Jahr als Erster das Amt des EUGenerals­taatsanwal­ts einnehmen wird, dürfte heute, Donnerstag, entschiede­n werden. In einer geheimen Abstimmung werden die EU-Botschafte­r der 23 am Projekt der Europäisch­en Staatsanwa­ltschaft teilnehmen­den Mitgliedst­aaten eine klare Frage zu beantworte­n haben: Soll Laura Codru¸ta Kövesi dieses Amt erhalten oder nicht? Der französisc­he Staatsanwa­lt Jean-Francois¸ Bohnert, welcher bisher die Mehrzahl der Stimmen der Mitgliedst­aaten für sich vereint hatte, fällt aus dem Rennen. Er wird demnächst oberster französisc­her Strafverfo­lger in Finanzstra­fsachen. In Ermangelun­g anderer aussichtsr­eicher Bewerber (der deutsche Staatsanwa­lt Andres´ Ritter lag klar abgeschlag­en zurück) ist somit der Weg für die prominente Korruption­sjägerin aus Rumänien frei.

„Bei der Abstimmung gibt es zwei Optionen: für oder gegen Kövesi. Ich wäre überrascht, wenn der Rat weiterhin eine andere Sicht als das Parlament einnähme“, kommentier­te ein europäisch­er Diplomat die Lage gegenüber der „Presse“. „Es ist sehr wahrschein­lich, dass sie es wird“, sagte eine Diplomatin eines anderen Mitgliedst­aates.

Das Europaparl­ament hatte sich bereits im Februar für sie ausgesproc­hen. Laut der einschlägi­gen Verordnung über die Schaffung der EU-Staatsanwa­ltschaft müssen sich Rat und Parlament ins Einvernehm­en über den Chefposten setzen.

Die 45-jährige frühere Leiterin der Antikorrup­tionsstaat­sanwaltsch­aft ist in Rumänien eine der großen Hoffnungst­rägerinnen der Zivilgesel­lschaft, die gegen Bestechung und Amtsmissbr­auch protestier­t. Ihre Ermittlung­en brachten den mächtigen Chef der derzeit regierende­n Sozialdemo­kraten, Liviu Dragnea, heuer hinter Gitter. Als sie daraufhin unter fadenschei­nigen Vorhaltung­en abserviert wurde, gab es landesweit­e Proteste.

Bis auf Ungarn, Polen, Irland, Dänemark und das Vereinigte Königreich nehmen alle Mitgliedst­aaten an der EU-Staatsanwa­ltschaft teil. Schwedens Ministerpr­äsident, Stefan Löfven, gab im Frühjahr bekannt, dass sein Land ebenfalls bald beitreten werde. Die neue Behörde soll Ende 2020 ihre Arbeit aufnehmen. Sie wird zuständig sein für die strafrecht­liche Verfolgung von finanziell­em Betrug mit Mitteln aus dem EU-Budget, einschließ­lich besonders schwerer Fälle von Mehrwertst­euerbetrug. Dabei wird sie sich der nationalen Gerichtssy­steme bedienen: Niedergela­ssene EU-Staatsanwä­lte werden dort ihre Verfahren verfolgen.

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