Die Presse

Salzburg schrieb gegen Genk das nächste Kapitel seiner Erfolgssto­ry – Fortsetzun­g folgt.

Analyse.

- VON CHRISTOPH GASTINGER

Salzburg. 14 lange Jahre hat es gedauert, bis Red Bull Salzburg am Dienstagab­end sein ultimative­s Ziel endlich erreicht hatte. Die Vision Champions League war seit dem Einstieg des Getränkehe­rstellers 2005 stets Triebfeder dieses Vereins, weil ein Weltkonzer­n wie Red Bull nicht minimalist­isch denkt, sondern mit aller Vehemenz auf die große Bühne drängt.

Erreicht hat man diese, weil die Verantwort­lichen in Wals-Siezenheim aus den Fehlern der Vergangenh­eit gelernt und die richtigen Schlüsse gezogen haben. Teure Altstars, die auf der Zielgerade­n ihrer Karriere noch ein paar RedBull-Millionen verdienen können, findet man in Salzburg schon lang nicht mehr. Es war ein radikales Umdenken, das der damalige Sportdirek­tor Ralf Rangnick im Sommer 2012 vorangetri­eben hat. Der Deutsche änderte das Unternehme­nsleitbild. Junge Talente, vorrangig aus Europa, Afrika und Asien, wurden fortan forciert, dafür musste das gesamte Scouting neu ausgericht­et werden.

Viel Geld gibt es für Salzburgs Spieler auch heute noch zu verdienen, bloß ist es aus Vereinssic­ht ein längst sinnvolles Investment in die eigene Zukunft. Die Einnahmen/Ausgaben-Rechnung hat sich zum Positiven gewandelt, allein in der abgelaufen­en Saison erzielte der heimische Branchenpr­imus einen Transferüb­erschuss von über 50 Millionen Euro.

Das Projekt Red Bull Salzburg ist mittlerwei­le zu einem Selbstläuf­er geworden. Toptalente wie der Norweger Erling Haland˚ (19) oder der Ungar Dominik Szoboszlai (18) trainieren hier unter hoch profession­ellen Bedingunge­n und – was noch viel wichtiger ist – sie bekommen eine Bühne. Haland,˚ der spätestens nach seiner Gala gegen Genk das Interesse zahlreiche­r Großklubs geweckt haben dürfte, hat sich nicht nach Salzburg verirrt. Der Stürmer wusste bei seiner Vertragsun­terschrift um die außergewöh­nlichen Entwicklun­gsmöglichk­eiten, die für einen jungen Spieler in Salzburg besser sind als bei Bayern München oder Manchester City.

Und, dieser Umstand ist ganz entscheide­nd: Wer in Salzburg performt, wer Angebote aus den Topligen in Spanien, England oder Deutschlan­d bekommt, dem werden keine Steine in den Weg gelegt. Der Klub ist nicht auf Gedeih und Verderb darauf angewiesen, an Leistungst­rägern der Vergangenh­eit festzuhalt­en, weil Leistungst­räger der Zukunft zur gleichen Zeit schon wieder bereitsteh­en und auf ihre Chance warten. Nur so ist es zu erklären, dass Ha-˚ land den nach Sevilla abgewander­ten Torgarante­n Munas Dabbur vergessen macht oder Antoine Bernede die Rolle des Wolfsburge­rs Xaver Schlager scheinbar mühelos ausfüllt.

Solang Salzburg nicht vom eingeschla­genen Weg abkommt – und darauf deutet momentan nichts hin –, wenn weiterhin die richtigen Kräfte an den Hebeln der Macht sitzen, wird Österreich­s Abomeister auch internatio­nal erfolgreic­h sein. Das 6:2 gegen Genk war eine eindrucksv­olle Machtdemon­stration, eine Leistungss­chau, wie man sie in Salzburg schon öfters gesehen hat, nur diesmal eben in der Champions League.

Gegen den belgischen Meister zog das Team von Jesse Marsch seinen Matchplan gnadenlos durch, suchte auch noch in der 90. Minute, als das Spiel längst entschiede­n war, den Weg nach vorne. In Salzburg wird die alte Mär, dass ein Spieler für den anderen läuft, zur Realität. „Ich finde unsere Art und Weise, Fußball zu spielen, ansteckend. Wenn du dieses Gefühl in der Mannschaft hast, wollen immer alle noch mehr“, sagte Marsch.

Salzburg wird sich auch in zwei Wochen, an der Anfield Road in Liverpool, selbstbewu­sst präsentier­en, auf Sieg spielen. Österreich­s Champion reist nach dem 0:2 der Engländer in Neapel zwar als Tabellenfü­hrer der Gruppe E an, an der Ausgangsla­ge ändert dies aber bei aller Begeisteru­ng gar nichts, so Marsch: „Genk ist eine gute Mannschaft, aber Liverpool ist nochmal ein komplett anderes Niveau.“

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