Die Presse

Peter Pilz und das Prinzip Angriff

Porträt. Verlassen von den Mitstreite­rn, im Umfragetie­f, kämpft Peter Pilz um den Wiedereinz­ug ins Parlament. Zuvor nützt er dort noch die Bühne für seine Lieblingsr­olle – als Aufdecker.

- VON ANTONIA LÖFFLER

„Das wird wild heute“, sagt Peter Pilz, während er schnellen Schritts von der Parteizent­rale der Liste Jetzt in das nahe Übergangsq­uartier des Parlaments in der Hofburg geht. In der Stimme schwingt eine gewisse Vorfreude mit. Vorfreude auf den heutigen Auftritt. Dass der Nationalra­t an diesem 19. September tagt, verdankt er Pilz’ Dringliche­r Anfrage zum Hackerangr­iff auf die ÖVP-Server. „Die haben das selbst inszeniert“, sagt er im Gehen, während er die Zahnpasta der jungen Neos-Werber ablehnt. „Werdet’s selber sauber.“

Aber zur ÖVP: Er habe Hinweise, dass die Partei des „Altkanzler­s“nicht Ziel eines Hackers, sondern eines Maulwurfs war, der den „Falter“mit Infos zu ihren Wahlkampfk­osten fütterte. Die ÖVP habe anschließe­nd selbst den Datenabflu­ss als Hack inszeniert. Das sei nur eines der Details, die er heute im Parlament ans Kunstlicht bringen wolle. Sagt’s und verschwind­et im Plenarsaal. Die 88. Sitzung des Nationalra­ts beginnt.

Peter Pilz ist Langzeit-Abgeordnet­er. Aber er ist auch Wahlkämpfe­r, und aktuell rennt er um seine Wiederwahl. Die Liste Jetzt liegt seit Mai, als der von ihr mitgetrage­ne Misstrauen­santrag gegen die Regiewunke­n und gesagt: „Wir wählen Sie, Sie sind so gut im Fernsehen.“Gerade habe er ein E-Mail einer früheren FPÖ-Parlaments­mitarbeite­rin bekommen. Sie sei nach Ibiza tief enttäuscht von ihrer Partei, die in der Opposition noch sauber und rebellisch war, und werde ihn für seinen Aufdeckerk­urs wählen. Ähnliches höre er von einigen Sozialdemo­kraten. Seine Wähler, das seien „Leute, die gegen Machtmissb­rauch sind“.

Und was bekommen sie, sollte der Einzug ins Parlament gelingen? Es ist eine Mischung aus linkem Gedankengu­t und Lawand-Order-Politik. Im Wahlkampf setzt man auf so unterschie­dliche Themen wie Tierschutz, die Erhöhung der Fleischste­uer, den Kampf gegen radikale Hasspredig­er und das Kopftuchve­rbot. „Kontrolle und Korruption­sbekämpfun­g sind aber immer das Hauptthema“, betont Pilz.

Dass die Staatsanwa­ltschaft am Ende dieses Sitzungsta­ges bei den Parlamenta­riern um seine Auslieferu­ng ansuchen wird, nennt er das „Risiko, wenn man die Kontrolle ernst nimmt“. Anlass ist eine Anzeige wegen Verleumdun­g von Sektionsch­ef Christian Pilnacek. Er ist einer der Namen neben Kurz, Kickl, Benko oder Haselstein­er, gegen die Pilz in den vergangene­n Wochen besonders scharf schoss. Konkret hatte er Pilnacek eine „Orbanisier­ung“der Justiz und die Unterbindu­ng von Verfahren vorgeworfe­n. „Ich werde sehr zu Recht ausgeliefe­rt und ich freue mich auf das Verfahren, ich habe die Gegenklage vorbereite­t“, sagt Pilz. Ganz neu ist ihm die Prozedur nicht. „50, vielleicht 100“Prozesse habe er geführt. An Niederlage­n könne er sich nicht erinnern – „wenn, waren das kleine“.

Dieser Donnerstag geht für ihn gemischt aus. „Es gibt keine Anhaltspun­kte für die Vortäuschu­ng einer strafbaren Handlung“, widerspric­ht ihm Justizmini­ster Clemens Jabloner sofort nach seiner Rede. Die ÖVP kritisiert sein „Kartenhaus der Verdächtig­ungen“und spricht ihm eine Befähigung für eine Zweitkarri­ere als IT-Techniker ab. Die anderen Parteien, vor allem SPÖ und FPÖ, greifen den Angriff dagegen dankbar für eigene Mutmaßunge­n auf.

Peter Pilz hat noch eine gute Woche Wahlkampf- und Auftrittsz­eit. Sollte er am 29. September scheitern, wäre er einer der längstgedi­enten Abgeordnet­en mit der kurzlebigs­ten Partei. Sollte er den Einzug schaffen, wäre es nicht das erste Mal, dass Medien verspätet auf der Feier eintreffen, weil viele nicht so recht an den Sieg des ehemaligen Grünen glaubten.

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