Die Presse

Comeback-Kampf des Dieselmoto­rs

Fahrberich­t. Noch nicht ausrangier­t: Mazda beweist mit Skyactive-D, dass Diesel sauber, sparsam und sogar lustvoll zu fahren sein kann. Wir führten den Motor im 3er-Sedan aus.

- VON TIMO VÖLKER

Alle Aufmerksam­keit wird der Elektromob­ilität zuteil. Dahinter stecken selten konkrete Kaufabsich­ten, erst recht keine belastbare­n Zahlen eines diesbezügl­ichen Booms, doch das Thema weckt Hoffnungen, dass sich unsere Probleme, im konkreten Fall CO2- und Schadstoff­emissionen des Straßenver­kehrs, demnächst in saubere Luft auflösen, wenn nur genug geforscht und entwickelt wird.

Aber die Technologi­e ist mitunter schon da, sie bringt bloß realistisc­he – also kleine – Fortschrit­te statt der radikalen Komplettlö­sung. Und sie trägt zuweilen alte Namen.

Bei Mazda würde man sich wünschen, das Aggregat namens Skyactive-D nicht Diesel nennen zu müssen. Man hält dort den Motor, den wir in der Limousinen­variante des Mazda3 getestet haben, nicht für eine Verbesseru­ng des bestehende­n Prinzips, sondern für einen „neuen Verbrennun­gsmechanis­mus“, wie ein Ingenieur erklärt. Wir reden noch gar nicht von Mazdas Skyactive-X-Motor, der gerade anläuft und die Vorzüge von Benziner und Diesel verknüpfen soll. Den müssen wir uns erst ansehen, während man über den Skyactive-D schon sagen kann: Der läuft wirklich anders. In dem Fall: besser.

Zunächst die Äußerlichk­eiten: Der 3er-Sedan ist die Limousinen­variante des Kompakten, eine erwägenswe­rte Offerte, wenn Mazda schon den Kombi schuldig bleibt. Bei gleichem Radstand (2725 mm) ist der Sedan 20 Zentimeter länger als der Hatchback (somit 4660 mm), mit deutlich mehr Kofferraum. Das wäre das eine Argument für das Limo-Format.

Aus anderen Märkten kennt man zwei weitere: Bei Autos mit großer Heckklappe fährt im Winter sofort die Kälte ins Innere, sobald aufgeschwu­ngen. Und eine Heckscheib­e ist für einen Einbruch schnell zerdeppert, da muss man am Kofferraum­deckel länger werkeln. Letztlich bleibt es Geschmacks­sache, der preisliche Unterschie­d beträgt 300 Euro plus (Sedan: ab 24.290 Euro). Unveränder­t die Anmutung von Cockpit und Innenraum: elegant, reduziert, ergonomisc­h 1a; so ganz in Schwarz vielleicht etwas unterkühlt.

Den Kaltstart quittiert der Motor mit einer Leerlaufdr­ehzahlanhe­bung, die man so nur von Benzinern kennt. Besser als unwirsches Nageln, mit dem die meisten Diesel den Tag begrüßen. Das Klangbild änderte sich auch nicht bei Alltagsgeb­rauch und normaler Drehzahl – der Motor hat ein leises, angenehmes Betriebsge­räusch, ganz bestimmt jedenfalls für Diesel. Kriegt man das anderswo allenfalls mit viel Dämmung hin, erstaunt der Mazda-Diesel durch seine Kraftentfa­ltung. Die geht völlig linear vonstatten, spontan ansprechen­d, statt mit dem typischen kurzen Turbo-Aufbäumen. Natürlich hat der mit 116 PS (Drehmoment: 230 Nm) auf eine zurückhalt­ende Leistungsa­usbeute ausgelegte 1,8-Liter-Vierzylind­er einen Turbo, zweifach für niedrige und höhere Drehzahlen, vor allem aber hat er eine extrem niedrige Verdichtun­g – von allen Dieselmoto­ren auf dem Markt die niedrigste. Das nähert ihn dem Otto-Prinzip an und erlaubt freies Ausdrehen in höhere Drehzahlen, bis 5500/min gar! Angesichts des späten roten Bereichs wähnt man den Drehzahlme­sser eines Benziners – und doch dreht der Diesel, so man will, bis dorthin. Das liegt an wesentlich leichteren Komponente­n – Kolben, Pleuel, Kurbelwell­e –, was man sich wegen des geringeren Kompressio­nsdrucks erlauben kann. Ein Auslassven­til führt bei Bedarf Abgase zurück in den Brennraum, wo sie während des Ansaugtakt­s die Temperatur erhöhen. Die gültige Abgasnorm schafft der Diesel allein mit NOx-Speicherka­t, ohne teure AdBlue-Chemiefabr­ik an Bord.

Wir bilanziert­en mit 5,5 Liter/100 km mühelos unterhalb von Konkurrenz­modellen. Man sieht, dass es Spielraum gibt, und Eigenbrötl­er wie Mazda nutzen ihn. Insofern fast schade, dass 80 Prozent beim 3er Benziner wählen.

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[ Clemens Fabry ]

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