Gesetz gegen Topgagen wirkt nicht
Manager. Seit 2014 dürfen Unternehmen Managergehälter nur noch bis 500.000 Euro von der Steuer absetzen. Aber die Gehälter der Topverdiener sind nicht gesunken. Im Gegenteil.
Es war ein Herzensanliegen der SPÖ – und sie hat sich gegen ihren damaligen Koalitionspartner ÖVP durchgesetzt: Seit 2014 können Unternehmen alles, was sie ihren Managern 500.000 Euro brutto übersteigend bezahlen, nicht mehr von der Steuer absetzen. Die Idee war, dass sich die Bezüge von Topmanagern nicht zu weit von jenen einfacher Angestellter weg entwickeln. Für Firmen sollte es teurer und damit unattraktiver werden, ihren Managern sehr hohe Gagen zu zahlen. Es wurde allgemein erwartet, dass die Managergehälter insgesamt sinken. Aber nun zeigt sich: Das Gesetz ist wirkungslos.
Zu dem Ergebnis kommen Wissenschaftler der Wirtschaftsuniversität Wien in einer neuen Studie. Sie haben untersucht, wie sich die Gehälter jener Manager entwickelt haben, die schon vor der Reform mehr als 500.000 Euro verdient haben. „Die Entwicklung der Gehälter wurde durch das Gesetz nicht gebremst“, sagt Co-Autorin Mariana Sailer. Und auch bei neu geschlossenen Verträgen fielen die Gehälter vergleichsweise nicht niedriger aus. Die Gagen sind trotz des Gesetzes weiter gestiegen. Sie blieben von der Reform komplett unberührt.
Die Unternehmen schulterten die zusätzlichen Kosten offenbar bereitwillig, um ihre gut bezahlten Führungskräfte zu halten. Die Kosten für Vorstandsvergütungen erhöhten sich in den betroffenen Firmen durch die Reform um 17 Prozent. Die Studienautoren Mariana Sailer und Tobias Bornemann untersuchten jene Unternehmen, die im österreichischen Börsen-Leitindex ATX notieren. Börsenkonzerne müssen die Gehaltszahlungen für Vorstände offenlegen. In den ATXKonzernen verdienten 2013, dem Jahr vor der Reform, 94 Vorstandsmitglieder mehr als 500.000 Euro jährlich. Schätzungen gingen seinerzeit davon aus, dass das Gesetz etwa 1000 Spitzenverdiener treffen wird.
In der Debatte um Begrenzungen von Managergehältern, die vor allem seit der Finanzkrise des Jahres 2008 immer wieder aufflammt, wird gern der Wettbewerb als Argument genannt: Gehaltsobergrenzen, so heißt es, würden Unternehmen im Buhlen um die besten Köpfe behindern und so dem Standort schaden. So erklären sich auch die Studienautoren, warum sich das Ende der Steuerbegünstigung nicht auf die Gagen ausgewirkt hat. „Die Unternehmen wollten wohl nicht riskieren, dass ihre Manager kündigen, ins Ausland flüchten oder zu einem anderen Unternehmen gehen, das ihnen mehr bezahlt“, so Co-Autorin Sailer. Oder dass sie gar weniger leisten, weil sie mit der Entwicklung ihres Gehalts unzufrieden sind.
Ob es wirklich dazu kommen würde, ist wohl Ansichtssache: 2017 brachte der damalige SPÖ-Bundeskanzler Christian Kern das Thema wieder ins Spiel. Er forderte eine generelle Deckelung der Managergehälter in staatsnahen Unternehmen bei 500.000 Euro. Er selbst habe als Vorstandschef der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) mehr verdient. Er wäre aber nicht weniger motiviert im Job gewesen, wenn er weniger bekommen hätte, argumentierte Kern damals.
Viele Experten sehen die gesetzliche Begrenzung von Gehältern aber kritisch. Als „planwirtschaftlich“und „ideologisch“motiviert wurde das Ende der Absetzbarkeit der Topgagen damals bezeichnet. So mancher Jurist prophezeite, das Gesetz werde vor dem Höchstgericht nicht halten. Aber Anfang 2015 erklärte der Verfassungsgerichtshof die Beschränkung als gesetzeskonform.
Die Unternehmen haben die zusätzlichen Kosten jedenfalls nicht an ihre Spitzenkräfte weitergegeben. Bleibt die Frage, aus welchem Topf sie das Geld nehmen. Sie hätten zum Beispiel weniger Dividenden an die Aktionäre ausschütten oder weniger Geld für Forschung und Entwicklung ausgeben können – haben sie aber nicht. „Aber wir sehen, dass die liquiden Mittel als Folge der Reform zurückgegangen sind“, sagt Sailer. Also das Barvermögen. Ein hohes Barvermögen macht Unternehmen krisenfest, sagt Sailer. Sie folgert daher: „Die Unternehmen sind krisenanfälliger geworden.“