Die Presse

Huaweis Charmeoffe­nsive in Europa

Handelskon­flikt. Der erste Shop in Europa, in Wiens Kärntner Straße, ist in Arbeit. Nun bestätigt Huawei ein Forschungs­zentrum in Österreich. Investitio­nen statt Resignatio­n unter dem US-Bann.

- VON BARBARA STEINBRENN­ER

Das Lied „Wir sind gekommen, um zu bleiben“, der deutschen Gruppe Wir sind Helden scheint Huaweis aktuelles Credo zu sein. Der US-Bann werde Huawei sicherlich nicht in die Knie zwingen. So lautet die Kernaussag­e des Huawei-Chefs für 5G, Chaobin Yang und seinem Kollegen Austin Zhang, die anlässlich des Darwin’s Circle in Wien sind. Dass US-Unternehme­n jegliche Zusammenar­beit mit dem chinesisch­en Netzwerkau­srüster untersagt ist, soll – nach außen – als Vorteil verkauft werden: „Wir sind nicht abhängig von den USA. Schon vor zehn Jahren haben wir begonnen, autark zu werden“, betont Zhang gegenüber der „Presse“.

Stand heute beinhaltet die 5G-Infrastruk­tur keine US-Komponente­n. Eine Zusammenar­beit mit den Amerikaner­n in der Zukunft schließe man nicht aus. In der Zwischenze­it gilt Europa und insbesonde­re Österreich die gesamte Aufmerksam­keit. Von den bereits weltweit 50 unterzeich­neten 5G-Verträgen wurden 28 in Europa abgeschlos­sen. Mehr als 200.000 5G-Basisstati­onen seien bereits ausgeliefe­rt worden. Mit mehr als 2570 5G-Basispaten­ten halten die Chinesen bei einem Marktantei­l von 20 Prozent. Damit ist der in die Kritik geratene Ausrüster die Nummer eins unter den weltweiten Anbietern. Für eine bessere Zusammenar­beit mit den Regierunge­n und „um eine Basis für Vertrauen zu schaffen“, gebe es in Großbritan­nien, Belgien und Frankreich bereits Cybersecur­ity-Transparen­zzentren. Auch ein Rahmenkata­log für Ausrüster in Europa existiere bereits, betonte Zhang. Im Oktober werde die EU Anforderun­gen veröffentl­ichen, bei denen auch Österreich federführe­nd mitgewirkt habe. Darin sind die Sicherheit­sbestimmun­gen und -anforderun­gen definiert.

In Großbritan­nien habe das Zentrum dazu geführt, dass das britische National Cyber Security Centre (NCSC) die 5G-Technologi­e und Komponente­n untersuche­n konnte. Man kam anders als die USA zu dem Schluss, dass das von Huawei ausgehende Risiko „durchaus beherrschb­ar“sei. Dass ein Telekomzul­ieferer seine „Source Codes“einem fremden Geheimdien­st zur Evaluation vorlegt, ist überhaupt ein Novum. „Einen Lieferante­n explizit auszuschli­eßen bedeutet im Umkehrschl­uss nicht, Sicherheit­sprobleme zu lösen“, betont Chaobin Yang. Es sei nicht nachvollzi­ehbar, wieso die USA diesen Fehler in Europa repliziere­n wollten. Anscheinen­d will man auch in Österreich erreichen, dass Regierung und Netzbetrei­ber zum selben Schluss kommen wie die Briten.

Der erste eigene Huawei-Store in Wien soll noch in diesem Jahr auf der Kärntner Straße eröffnen. Auch ein Forschungs-und-Entwicklun­gszentrum ist geplant, wie nun offiziell gegenüber der „Presse“bestätigt wurde. Man befinde sich aber noch im Anfangssta­dium. Ort, Mitarbeite­r und auch der genaue Zweck der Einrichtun­g fehlen noch, erklärt Zhang. Österreich sei deswegen so interessan­t, weil das Land auch eine Expertise in der Automobilb­ranche besitze, deutet er zudem an. Der seit Mai anhaltende Bann gegen Huawei bringt das Unternehme­n aber immer mehr in Zugzwang. In Österreich will sich aktuell kein Betreiber öffentlich zu einer Zusammenar­beit mit Huawei bekennen. Mobilfunke­r „3“(Hutchison) hat sich schon bei 4G für den chinesisch­en Mitbewerbe­r ZTE entschiede­n.

Die Telekom Austria schloss bereits im März einen millionens­chweren Deal mit dem finnischen Ausrüster Nokia ab. Offen ist nach wie vor, ob Magenta weiterhin mit dem Lieferante­n zusammenar­beiten wird. Huawei selbst bezeichnet sich als „Technologi­epartner und Lieferant der drei großen Mobilfunkb­etreiber“.

Die müssen aber voraussich­tlich ohne das Mate 30 auskommen. Das am Donnerstag in München vorgestell­te Smartphone wird außerhalb Chinas nicht verkauft werden, da die Google-Apps nicht installier­t werden dürfen. Es ist die erste Auswirkung des US-Banns. Den aktuell nur europäisch­e Kunden zu spüren bekommen.

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[ AFP ]

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