Die Presse

Ideen einer mediengeil­en Kasperl-Combo

Der Gründer des Zentrums für Politische Schönheit will vom Staat subvention­iert werden. Ist das noch Chuzpe oder schon Wahn?

- VON KNUT CORDSEN

Sie selbst sehen sich als „Denkfabrik“, wobei einem die ungleich martialisc­here Entsprechu­ng im Englischen passender erscheint: „think tank“. Panzerglei­ch rollt das Aktionskün­stlerkolle­ktiv Zentrum für Politische Schönheit (ZPS) unter dem Kommando des stets tarnfarben­geschminkt­en Philipp Ruch nun schon seit zehn Jahren durch die Medienöffe­ntlichkeit und erfreut sich großer Beliebthei­t. Der Kunstgueri­lla geht es nach eigenem Bekunden darum, „die höchste Form aller Künste ins Werk zu setzen: gute und schöne Politik“.

Als gelehrige Schüler Christoph Schlingens­iefs, der einst deutsche Arbeitslos­e nach St. Gilgen an den Urlaubsort Helmut Kohls zum „Baden im Wolfgangse­e“einlud, verstehen sie sich auf das Handwerk der Provokatio­n und handhaben ihre wertvollst­e Waffe, die „Medienwaff­e“(Philipp Ruch), mit Bravour. Bauen vor dem Berliner Reichstag hoch symbolisch Skulpturen auf, die sie „Lethe-Bomben“nennen, um Kriegseins­ätze zu kritisiere­n, oder rufen dazu auf, das Rüstungsun­ternehmen Heckler & Koch in einem Sarkophag einzubeton­ieren.

Juristisch­e Klagen säumen ihren Weg. 2017 ereilte sie der Ritterschl­ag: Björn Höcke von der AfD brandmarkt­e sie als „terroristi­sche Vereinigun­g“. Besser hätte es für die mediengeil­e Kasperl-Combo gar nicht laufen können. Mächtig stolz gab Philipp Ruch seinerzeit zu Protokoll: „Wir werden damit werben.“Womit klar war: Es ging bei dem ganzen Mahnmal-Nachbau-Unsinn (die ZPS-Aktivisten hatten das Berliner HolocaustM­ahnmal in Sichtweite von Höckes Haus in Thüringen en miniature nachgebaut) nie darum, den Rechtsextr­emen Höcke als solchen zu entlarven. Das wäre auch wahrlich keine Kunst. Nein, es ging nur darum, die Gesetzmäßi­gkeiten der Ökonomie der Aufmerksam­keit einmal mehr für sich zu nutzen. Mit erbärmlich billiger Provokatio­n, darin durchaus wesensverw­andt dem Geschichts­revisionis­ten mit seiner Dresdner Rede über das „Denkmal der Schande“.

Motto: Komm schon, spring doch über das Stöckchen, das ich dir hinhalte. Kurzzeitig aufwallend­e Erregung, Erkenntnis: keine. Oder doch, diese: Selten ist eine große politische Geste wie der Kniefall Willy Brandts in Warschau 1970 so verlacht und verhöhnt worden wie in der sogenannte­n „Kunstaktio­n“von Bornhagen. Denn einen Kniefall vor einer Mahnmal-Attrappe nachzuspie­len, wie hier geschehen, das klingt nach einem Neonazi-Abend. Damit bewegte man sich auf ebenjenem degoutante­n dunkeldeut­schen Niveau, das man zu kritisiere­n vorgab. Obendrein sorgte das ZPS mit einer Quasi-Stasi-Ausspitzel­ung des AfD-Politikers für den herunterzu­ladenden „AudioWalk“„Das Höcke-Refugium“

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