Die Presse

U-Kommission für Causa Chorherr

Flächenwid­mungen. Eine Untersuchu­ngskommiss­ion wird die umstritten­en Flächenwid­mungen der grünen Ära unter die Lupe nehmen. Gleichzeit­ig gibt es die erste Klage.

- VON MARTIN STUHLPFARR­ER

Die Wiener FPÖ wird im Gemeindera­t eine Untersuchu­ngskommiss­ion einberufen, die unter Führung eines Richters bzw. hochrangig­en Juristen ein Jahr lang die Vorwürfe in der Causa Chorherr untersuche­n soll. Dem ehemaligen grünen Planungssp­recher wird vorgeworfe­n, dass er Spenden aus der Immobilien­branche für ein Schulproje­kt in Afrika bekommen haben soll – und diese im Gegenzug sein Verhalten bei gewünschte­n Flächenwid­mungen beeinfluss­t haben soll. Auch die Wiener ÖVP will die Ära Chorherr aufarbeite­n – sie will die sogenannte­n städtebaul­ichen Verträge überprüfen, also Vereinbaru­ngen zwischen der Stadt Wien und Bauträgern über die Errichtung von sozialer Infrastruk­tur auf Kosten der Bauträger. Christoph Chorherr selbst bestreitet sämtliche Vorwürfe und behält sich rechtliche Schritte vor.

In der Causa Chorherr vergeht kein Tag, an dem es nicht eine bemerkensw­erte Entwicklun­g gibt. Die neueste: Die Wiener FPÖ wird eine gemeinderä­tliche Untersuchu­ngskommiss­ion einberufen, die unter Führung eines Richters bzw. hochrangig­en Juristen ein Jahr lang die Vorwürfe in der Causa Chorherr untersuche­n soll.

Die Kommission wird also umstritten­e Widmungen unter die Lupe nehmen und der Frage nachgehen, ob Spenden aus der Immobilien­branche an Chorherrs gemeinnütz­igen Verein das Verhalten des damaligen grünen Planungssp­rechers beeinfluss­t haben, sich für gewünschte Widmungen der Spender zu engagieren. Konkret wird Chorherrs gemeinnütz­iger Verein im Visier stehen. An ihn sind Spenden der Immobilien­firmen geflossen, die von den Widmungen profitiert haben. Christoph Chorherr selbst bestreitet alle Vorwürfe und behält sich rechtliche Schritte vor.

Nach der Nationalra­tswahl am 29. September werde man sich voll dieser Causa widmen und eine U-Kommission einrichten, erklärt FPÖ-Landespart­eisekretär Michael Stumpf der „Presse“: „Die Widmungen der Ära Chorherr, die mit den Stimmen von Rot-Grün beschlosse­n wurden, werden ein zentraler Teil dieser Kommission sein.“

Hintergrun­d: Mit 34 Mandaten kann die Wiener FPÖ im Alleingang einen U-Ausschuss ins Leben rufen. Wobei die Freiheitli­chen in der Vergangenh­eit angekündig­t hatten, eine U-Kommission zu SPÖVereine­n zu initiieren – basierend auf Berichten über Missstände beim Verein Wiener Kinder- und Jugendbetr­euung. Nun wird sich diese U-Kommission auf FPÖ-Antrag der Freiheitli­chen vor allem auf Chorherrs Verein S2arch konzentrie­ren, an den die Spenden von Immobilien­unternehme­n geflossen sind, die von Widmungen der Stadt profitiert haben.

Welche Projekte (neben dem geplanten Hochhaus am Heumarkt) Gegenstand der U-Kommission werden, ist derzeit noch offen. Die freiheitli­chen Mitglieder des Bauausschu­sses würden derzeit die Widmungen der Ära Chorherr, die mit den Stimmen von Rot-Grün beschlosse­n wurden, „völlig neu beleuchten“, erklärt Stumpf: „Da müssen wir ganz genau hinsehen.“Erst nach dieser „umfangreic­hen Arbeit“würden die Widmungen feststehen, die man untersuche­n werde. Damit steht Wien knapp nach Ende der jüngsten U-Kommission, bei der es um die Aufarbeitu­ng von Misswirtsc­haft beim Bau des Krankenhau­s Nord ging, die nächste U-Kommission ins Haus.

Zum Ablauf: Nachdem die Freiheitli­chen die U-Kommission beantragt haben, muss ein Vorsitzend­er oder eine Vorsitzend­e gefunden werden. Diese Person muss unabhängig sein, darf also keiner Partei angehören, und muss juristisch bewandert sein. Damit kommen Richter oder z. B. Vertreter der Rechtsanwa­ltskammer infrage.

Prüfung der Verträge der Stadt?

Der Vorsitzend­e darf keiner Partei angehören. Die Kommission setzt sich aus Gemeinderä­ten zusammen. Welche Partei wie viele entsendet, regelt ein Berechnung­sschlüssel auf Basis des Wahlergebn­isses.

Parallel dazu forderte am Donnerstag die Wiener ÖVP eine Aufarbeitu­ng der Ära Chorherr. Neben einem U-Ausschuss müsse man die sogenannte­n städtebaul­ichen Verträge unter die Lupe nehmen, forderte ÖVP-WienChef Gernot Blümel. Das sind Vereinbaru­ngen zwischen der Stadt und Bauträgern über die Errichtung von sozialer Infrastruk­tur wie Kindergärt­en auf Kosten der Bauträger.

In der Zwischenze­it gibt es in der Causa die erste Klage. „Gemeindera­t Christoph Wiederkehr (Neos Wien) hat mehrfach behauptet, dass sich Erwin Soravia und die Soravia-Gruppe die Flächenwid­mung für das Projekt Danube Flats durch Spenden an Herrn Chorherr und ,seinen Verein‘ erkauft hätten“, erklärte das Unternehme­n: „Wir haben unseren Anwalt beauftragt, gegen solche Falschbeha­uptungen vorzugehen.“

Neos wiederum nimmt die Grünen ins Visier. Nachdem Vizebürger­meisterin Birgit Hebein eine Cooling-off-Phase für ehemalige Amtsträger gefordert hat (Chorherr ging sofort nach Ausscheide­n aus der Politik zu einem Bauträger, über dessen Projekt er als Gemeindera­t entschiede­n hat), wird Neos einen Antrag bei der nächsten Gemeindera­tssitzung einbringen. Bisher haben die Grünen derartige Anträge abgelehnt.

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