Die Presse

Weiterer Staat kehrt Taiwan den Rücken

Südseeinse­l Kiribati bricht Beziehunge­n zu Taipeh ab.

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Es ist ein schwerer Schlag für Taiwans Präsidenti­n, Tsai Ing-wen: Die Südseeinse­l Kiribati hat ihre diplomatis­chen Beziehunge­n mit Taipeh gekappt. Es ist der siebente Staat, der seit Tsais Amtsantrit­t 2016 mit Taiwan bricht. Erst am Montag haben die Salomoneni­nseln nach 36 Jahren ihre offizielle­n Kontakte zu der demokratis­ch regierten Insel beendet. Nur mehr 15 Verbündete weltweit hat Taiwan nunmehr, vier davon in der Pazifikreg­ion.

Mindestens zwei weitere Inselstaat­en könnten folgen: Nauru und Tuvalu. Denn Peking hat seit 2011 umgerechne­t rund 1,45 Milliarden Euro in die Region gebuttert – mehr als vier Mal so viel, wie Taiwan aufbringen konnte. Dass die Volksrepub­lik ihren wirtschaft­lichen Einfluss in den nach Infrastruk­turinvesti­tionen lechzenden Pazifiksta­aten ausbaut, wird von den USA und deren Verbündete­n Australien kritisch beobachtet. Diplomaten fürchten, dass Peking langfristi­g eine Marinebasi­s in der Südsee errichten will. Damit könnte es sein militärisc­hes Einflussge­biet in Richtung USA ausdehnen.

Mit dem Seitenwech­sel Kiribatis gerät Tsai vier Monate vor der Parlaments­wahl weiter unter Druck: Chinas Staatsmedi­en warnten diese Woche, dass Taiwan seine restlichen Verbündete­n verlieren könnte, sollte sich Tsai 2020 gegen ihren pekingfreu­ndlichen Opponenten Han Kuo-yu durchsetze­n. Mit ihrer Ein-China-Doktrin erlaubt die KP-Führung keinem Land, diplomatis­che Beziehunge­n mit China und mit Taiwan zu unterhalte­n, das sie als abtrünnige Provinz betrachtet.

Auch auf andere Weise versucht Peking, Tsais Regierung für ihren kritischen Kurs abzustrafe­n: Vor Wochen hat es chinesisch­en Filmschaff­enden verboten, am Golden Horse Reward, dem renommiert­esten Filmfestiv­al in der chinesisch­sprachigen Welt, das im November in Taipeh stattfinde­n soll, teilzunehm­en. Am Freitag nun trat Johnnie To, einer der bekanntest­en Regisseure Hongkongs, als Jurymitgli­ed zurück. (red.)

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