Die Fehler der Vergangenheit
Formel 1. Routinier Nico Hülkenberg steht vor dem Aus. Der Deutsche hält einen traurigen Rekord und bedauert so manch arroganten Auftritt.
Irgendwann hatte Helmut Marko dann genug. Die Formel 1 war in der Sommerpause, das Fahrerkarussell drehte sich. Wer geht, wer kommt, wo sind noch freie Cockpits für die kommende Saison? Nico Hülkenberg sah offenbar sein Ende bei Renault und damit wohl auch jenes in der Formel 1 kommen und soll mehrmals bei RedBull-Motorsportchef Marko angerufen haben, um für einen Platz im britisch-österreichischen Rennstall vorzusprechen. Bis der knorrige Steirer dem Deutschen schließlich mitteilte, bitte nicht mehr anzurufen.
Der 32-jährige Hülkenberg ist einer der Erfahrensten im Fahrerlager, man schätzt sein Fachwissen. Seit neun Jahren dreht er seine Runden in der Formel 1, erst bei Williams, dann bei Force India und Sauber, nun bei Renault. Doch in 170 Rennen fuhr Hülkenberg noch nie aufs Podest – ein trauriger Rekord. Und auch bei Rennen Nummer 171 in Singapur (Sonntag 14.10 Uhr, live ORF eins) ist ein Topresultat außer Reichweite.
Für den Deutschen ist die Sache klar: Er habe eben nie ein konkurrenzfähiges Auto gehabt. „Es gibt leider viele Faktoren und Einflüsse, die man als Fahrer bei der Karrieregestaltung gar nicht in der Hand hat. In der Formel 1 ist sehr viel Politik im Spiel“, sagt Hülkenberg zur „Süddeutschen Zeitung“. Zwar hatte es der Rheinländer ohne reiche Förderer in die Formel 1 geschafft, weil er dort aber selten geglänzt hat, konnte er sich nie für ein Topteam ins Spiel bringen. Gespräche mit Ferrari im Jahr 2013 blieben ergebnislos. Frühere Wegbegleiter sprachen auch von Selbstüberschätzung und Arroganz des Deutschen. „Ich war früher nicht so sozial wie heute, ich habe wenig gesprochen mit den Leuten. Mir hätte es geholfen, wenn ich offener und kommunikativer gewesen wäre“, meint Hülkenberg.
Seine Chance auf das zweite Red-Bull-Cockpit neben Max Verstappen bestand ohnehin nur theoretisch. Dazu hätte Alexander Albon enttäuschen und die Red-Bull-Bosse den eigenen Fahrerpool außer Acht lassen müssen. Weil nun aber auch der Wechsel zum Haas-Team geplatzt ist, bleiben Hülkenberg wohl nur noch die sieben Formel-1-Rennen bis zum Saisonende.
Dann muss er Renault nach drei Jahren verlassen und wird durch den Franzosen Esteban Ocon, 22, ersetzt, für viele die perfekte Ergänzung für das französische Werksteam. Zumal Hülkenberg heuer gegen Daniel Ricciardo und damit erstmals seit seiner Rookie-Saison gegen einen Teamkollegen das Nachsehen hatte. Nicht förderlich auch das Heimrennen in Hockenheim, als er an vierter Stelle von der Strecke flog. Hülkenbergs letzte kleine Hoffnung heißt Nachzügler Williams. „Vielleicht war ich früher zu schüchtern. Und diese Zurückhaltung kam bei dem einen oder anderen als Arroganz rüber“, sagt der reuige Routinier. (joe)