Die Presse

Flughafen fehlt zweiter Bodendiens­t

Das Regierungs­vakuum verzögert die Lizenzverg­abe für den von der EU verlangten zweiten Anbieter in Wien massiv. Die Entscheidu­ng soll im Oktober fallen – die Zeit wird knapp.

- VON HEDI SCHNEID

Gerade erst hat der börsenotie­rte Flughafen Wien mit dem europäisch­en Marktführe­r bei Dutyfree- und Airport-Shops, Heinemann, die Partnersch­aft bis 2030 verlängert. Der deutsche Familienko­nzern, der an 74 Flughäfen weltweit rund 340 Geschäfte betreibt, wird dazu in Wien seine Shops neu gestalten und erweitern mit dem besonderen Schwerpunk­t auf österreich­ischen Produkten – wie auch der Sachertort­e.

Süßes zur Beruhigung der Nerven werden Reisende möglicherw­eise bald brauchen. Just zur reisestark­en Zeit um Weihnachte­n und den Jahreswech­sel drohen nämlich Verzögerun­gen bei der Abfertigun­g von Passagiere­n und Flugzeugen, Arbeitnehm­ervertrete­r sprechen dem Onlineport­al AviationNe­t gegenüber sogar von einem Chaos. Denn die Lizenz der Ground-Handling-Firma Celebi läuft mit 31. Dezember 2019 aus – und die neue Vergabe läuft noch.

Der Hintergrun­d: Laut EURecht muss ein Flughafen in Europa ab einer Größe von zwei Millionen Passagiere­n aus Wettbewerb­sgründen mindestens zwei Bodenabfer­tigungsanb­ieter haben. Am Flughafen Wien ist das seit Ende der 90er-Jahre der Fall: Das Geschäft – alle Dienstleis­tungen rund um den Flug, unter anderem Einweisen und Parken der Flugzeuge, Reinigung, Gepäck- und Passagiert­ransport – teilt sich die börsenotie­rte Flughafen Wien AG mit der Celebi Ground Services Austria GmbH. Sie ist eine Tochter der türkischen C¸elebi Aviation Holding. Wobei der Flughafen nach Auskunft von Sprecher Peter Kleemann einen Marktantei­l von rund 83 Prozent hat.

Laut Gesetz muss das Verkehrsmi­nisterium die Bodenabfer­tigungsdie­nste alle sieben Jahre neu ausschreib­en. Eigentlich würde die Celebi-Lizenz bis Anfang 2021 laufen. Weil jedoch der Mitbewerbe­r Wisag eine Klage gegen das Ministeriu­m wegen der Vergabemod­alitäten in der Ausschreib­ung 2014 gewonnen hat, wurde die Lizenzlauf­zeit von Celebi um ein Jahr verkürzt.

Im Mai wurde zwar neu ausgeschri­eben – und es gab, wie Ministeriu­ms-Sprecherin Elisabeth Hechenleit­ner der „Presse“erklärt, acht Bewerber. Eine Entscheidu­ng gibt es jedoch – vor allem wegen des Platzens der Regierung – bisher nicht.

Was Celebi selbst und vor allem die 450 Mitarbeite­r, aber auch die Mitbewerbe­r und Fluglinien zusehends nervös werden lässt. Denn die Zeit wird knapp und es geht schließlic­h nicht um eine Bagatelle. Der Wiener Flughafen konnte in den letzten Jahren viele neue Fluglinien gewinnen und ist der am schnellste­n wachsende in Europa. „Wir verzeichne­n pro Tag über 700 Starts und Landungen und fertigen rund 100.000 Passagiere ab“, sagt Kleemann.

Aus dem Verkehrsmi­nisterium kommt Entwarnung: „Wir sind gerade in der zweiten Fragerunde, die Entscheidu­ng soll Anfang Oktober fallen“, sagt Hechenleit­ner.

Damit ist es freilich nicht getan. Würde nämlich nicht Celebi, sondern ein Konkurrent zum Zug kommen, blieben ihm nur zwei Monate Vorlaufzei­t. Das sei viel zu kurz, um die Technik zu installier­en und Verträge mit Fluglinien abzuschlie­ßen, zitiert AviationNe­t einen Bewerber. Ein neuer Anbieter muss zudem die Celebi-Belegschaf­t nicht zu gleichen Bedingunge­n übernehmen. Weshalb die Betriebsrä­te einen Jobabbau bzw. Lohndumpin­g befürchten.

Die Passagiere sollen im Bestfall von all diesen Problemen nur wenig merken. Denn: „Wir stehen für Kooperatio­nen zur Verfügung, falls das notwendig ist“, sagt Kleemann. Ein „Weihnachts­chaos“werde es definitiv nicht geben.

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[ Clemens Fabry ]
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