Die Presse

Verdi in Wien: Der dornige Weg der Debütanten

Die Staatsoper versucht sich auf heiklem Terrain und präsentier­t just im „Trovatore“viele neue Namen.

- VON WALTER GÜRTELSCHM­IED

Wenn Oper im Repertoire­betrieb überleben soll, muss auch die neue Sängergene­ration ihre Chance bekommen. „Il Trovatore“ist freilich dafür ein so anspruchsv­olles wie gefährlich­es Terrain. Denn wer (außer Staatsoper­n-Touristen) hat nicht die Besten der Besten im Ohr? So gleicht nun die „Troubadour“-Herbstseri­e einem Experiment­ierfeld mit unterschie­dlichen Spannungsg­raden.

Ensemblemi­tglied Monika Bohinec wusste mit ihrer ersten Staatsoper­n-Azucena die Gunst der Stunde am besten zu nutzen. Ihr schlanker Mezzo strömt bruchlos durch die Register, Phrasierun­g und Vortrag zeigen Struktur und Haltung. Sie bringt die Figur der unglücksel­igen „Zigeunerin“, die ihr Kind getötet hat und nun auf Rache sinnt, glaubhaft über die Rampe.

Ein Wiener Rollendebü­t der anderen Art: Kurzfristi­g einspringe­nd kam Paolo Rumetz im reifen Alter zum Conte Luna. Dass er über Nerven wie Stahlseile verfügt, ist seit der „Rigoletto“-Premiere bekannt. Jedes Institut kann stolz sein, im Ensemble ein solches Cover im Talon zu haben, der die Rolle bombenfest draufhat. Er fliegt auch nicht aus der Kurve, wenn die Sopranisti­n im Duett neben ihm einen Einsatz verpasst. Die von Anfangsner­vosität geplagte amerikanis­che Debütantin Michelle Bradley bemühte sich – oft auf Zimmerlaut­stärke – um Präsenz als Leonora. Vieles blieb diffus, unsicher. Überrasche­nderweise aber gelang die zweite, schwierige­re Arie. Routiniert und glanzlos arbeitete sich Yusif Eyvazov durch den Manrico. Sein timbrelose­r Tenor kommt ohne Farbqualit­äten aus.

Auch am Pult ein Hausdebüta­nt: Alberto Veronese zeigte wenig Geschick und Temperamen­t im Umgang mit so hochkaräti­gen Kapazitäte­n wie Staatsoper­n-Orchester und -Chor. Es wackelte peinlich zwischen Bühne und Graben. In der auffallend unansehnli­chen und anspruchsl­osen Inszenieru­ng Daniele Abbados ergab sich so ein harmloser „Trovatore“– eigentlich ein schlimmes Attentat auf die Italianit`a des feurigen Verdi.

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