Kauft öfter Zeitungen!
Warum wir die unabhängige Presse nicht einigen wenigen Investoren überlassen sollten.
Die fortschreitende Verlagerung des Informationskonsums in das Internet hat auch den Kampf der Printmedien um das Überleben verschärft. Konnte vor wenigen Jahren noch eine Vielzahl von relativ unabhängigen Medien sowohl im Printsektor als auch im Radio und Fernsehen um die Aufmerksamkeit der Leser und Hörer buhlen, ist durch die heutige Dominanz des Internets vor allem das Medium „gedruckte Zeitung“bedroht.
Immer mehr Zeitungen können dem Druck nicht mehr standhalten und versuchen, ihr Überleben über kostenpflichtige digitale Kanäle oder durch Sponsoren zu sichern, vor allem Letzteres bringt häufig die Selbstaufgabe der Unabhängigkeit mit sich. Zusätzlich erscheint es aktuell ein gezieltes Interesse von einigen milliardenschweren Investoren zu geben, über den Kauf von Medien Einfluss auf die öffentliche Meinung zugunsten eigener Interessen zu nehmen, was die Zeitungsvielfalt gefährdet.
Ein solches Szenario ist für die Gesellschaft und die Demokratie gefährlich. Die Diskussionskultur einer Gesellschaft ist auch von der Informiertheit ihrer Bürgerinnen und Bürger abhängig. Je schlechter oder einseitiger Menschen informiert werden, desto schlechter ist es ihnen möglich, reflektierte und vielseitige Standpunkte zu entwickeln und auszutauschen. Der Austausch der Meinungen und Standpunkte ist und war aber immer eine wesentliche Stütze der Demokratie. Schon im 8. Jahrhundert vor Christus spielte beim griechischen Dichter Homer Rhetorik als Redekunst eine wesentliche Rolle bei Gerichtsverhandlungen oder Volksversammlungen. Die Rhetorik der Antike beschäftigte sich mit dem gesamten Prozess der Wissensermittlung, Wissensverarbeitung und Wissensweitergabe. Der kultivierte Austausch von Standpunkten und Meinungen als Kunst ist damit schon in der griechischen Wiege der Demokratie nachweisbar. Nachdem die gesellschaftspolitischen Themen und Prozesse im Lauf der Jahrhunderte nicht einfacher, sondern eher komplexer wurden und die Herausforderungen an die Demokratie damit nicht geringer, ist es wesentlich, dass wir in unserer hochkomplexen Gesellschaft von heute die Diskussion verschiedener Standpunkte kultivieren. Die Rückkehr zum sachlichen Argument ist ein wünschenswerter und wichtiger Schritt in der gegenwärtigen Situation der emotionalen Zuspitzung politischer Gegensätze.
Wie gesagt ist für eine ausgereifte Diskussionskultur die Informiertheit der Bürger entscheidend, die nur durch ein gutes Angebot an qualitätvollen Informationen und damit von unabhängigen Zeitungen sichergestellt werden kann. Das Internet mit seinen Möglichkeiten der selektiven Themenführung kann die benötigte Meinungspluralität schlechter leisten als eine Vielzahl unabhängiger Zeitungen.
Der gerade stattfindende ökonomische Schrumpfungsprozess des Zeitungsmarkts bedroht diese Meinungspluralität aber enorm. Wir dürfen nicht zulassen, dass nur Zeitungen weniger finanzstarker Investoren überleben, sondern müssen durch unser Kaufverhalten und durch eine entsprechende Gesetzgebung, die die nötigen Rahmenbedingungen schafft (Stichwort Presseförderung für freie Medien), dafür sorgen, dass unabhängige Zeitungen in hoher Quantität und Qualität überleben. Nur dadurch wird es möglich, die dringend benötigte hohe Informiertheit der Bevölkerung zu schaffen, die wiederum Grundlage jener sachlichen Diskussionskultur ist, die wir brauchen, um die zukünftigen Herausforderungen an die Gesellschaft in jener demokratischen Weise zu lösen, die auch bisher Erfolgsrezept der europäischen Kultur war.