Die Presse

Die Medikament­e der Zukunft sicher herstellen

Johannes Khinast entwickelt moderne Techniken, um personalis­ierte Arzneien produziere­n und gezielt verabreich­en zu können.

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„Das Medikament der Zukunft muss personalis­iert sein: Es ist hochkomple­x aus einer Mischung von Wirkstoffe­n zusammenge­setzt, die genau auf die molekulare­n Grundlagen der Erkrankung und des Patienten abgestimmt sind“, sagt Johannes Khinast, der in der Kategorie Forschung zum Österreich­er des Jahres nominiert ist.

Jeden Tag werden weltweit neuartige Wirkstoffe erfunden, doch die Produktion­stechnolog­ien entwickeln sich nicht so schnell wie die Arzneimitt­elforschun­g. „Wir nutzten vor einigen Jahren noch Produktion­stechnolog­ien aus den 1950er-Jahren. Hunderte Forschungs­gruppen auf der ganzen Welt schaffen ständig neue Wirkstoffe, aber scheitern daran, dass sie diese nicht in großen Mengen und hoher Qualität herstellen können“, führt Khinast aus. Der Linzer studierte an der TU Graz Verfahrens­technik, die sich mit der Herstellun­g von chemischen Produkten wie Treibstoff­en, Farben und Baumateria­lien beschäftig­t. Mit einem Erwin-Schrödinge­r-Stipendium ging Khinast als 29-Jähriger in die USA, zuerst nach Texas und dann an die renommiert­e Rutgers University in New Jersey: In dieser Region stehen die Hauptquart­iere für Forschung und Entwicklun­g der großen Pharmafirm­en. „Für einen Verfahrens­techniker war es ungewöhnli­ch, mit Pharmafirm­en zusammenzu­arbeiten: Aber wir wollten diese Lücke füllen, die es bei Herstellun­gstechnike­n für neuartige Medikament­e gab“, erzählt Khinast. So schuf sein Team ein neues Fachgebiet, das Pharmaceut­ical Engineerin­g, das Pharmazie und Ingenieurw­issenschaf­t verbindet. „Die Rutgers University stellte als Erste weltweit ein Masterstud­ium für Pharmaceut­ical Engineerin­g auf die Beine.“Die Fachrichtu­ng optimiert neue Herstellun­gsmethoden: Arzneien mit individuel­len Anforderun­gen werden etwa durch Sprühtrock­nungsmetho­den oder mittels eines Medikament­endruckers produziert.

2006 wurde Khinast an die TU Graz berufen, wo er dieses Spezialgeb­iet weiter aufbauen konnte und das Comet-Forschungs­zentrum RCPE – das Research Center Pharmaceut­ical Engineerin­g – gründete. „Wir erforschen nicht nur, wie man personalis­ierte Arzneien in hoher Qualität herstellt, sondern auch, wie sie den Patienten verabreich­t werden“, so Khinast. Traditione­lle Verabreich­ungen durch Schlucken oder Injizieren bekommen bald Konkurrenz, wenn Arzneien über die Nase oder Lunge aufgenomme­n werden. „Auch die Überwindun­g der BlutHirn-Schranke ist ein Thema, denn wie sollen all die neuen Wirkstoffe gegen Alzheimer oder andere Nervenerkr­ankungen ins Gehirn gelangen?“Die Expertise der pharmazeut­ischen Ingenieure ist in allen medizinisc­hen Bereichen gefragt, von der Onkologie bis zur Kinderheil­kunde.

„Wir arbeiten mit allen großen Pharmafirm­en der Welt zusammen“, bestätigt Khinast. In seiner Freizeit geht der Vater einer Tochter gern auf Konzerte, seine musikalisc­hen Idole sind die Beatles, Bob Dylan, die Foo Fighters und andere. In den USA war Khinast Drummer in einer Band, die immer wieder auf Tour ging. „Inzwischen bin ich nur mehr Singer-Songwriter, im privaten Bereich, ohne Auftritte“, sagt er lachend. (vers)

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