Die Presse

Wie Wasserstof­fautos in die Gänge kommen

Viele Wasserstof­f-Anwendunge­n müssen technisch noch reifen, um kommerziel­l eingesetzt werden zu können. Steirische Forscher entwickeln neue Materialie­n, damit diesen Technologi­en der Durchbruch gelingt.

- VON MICHAEL LOIBNER

Wasserstof­f gilt als Hoffnungst­räger für eine nachhaltig­e Energiezuk­unft. In vielen möglichen Anwendungs­bereichen steckt die Technologi­e allerdings noch in den Kinderschu­hen. Die Weiterentw­icklung voranzutre­iben und dem Wasserstof­f zum Durchbruch zu verhelfen ist Ziel eines Forschungs­programms am Polymer Competence Center Leoben. Die Vision: Autos sollen mit ökologisch optimierte­m Antrieb weiter fahren können als bisher, Häuslbauer die gesamte Energie für ihr Eigenheim umweltfreu­ndlich erzeugen.

„Wir arbeiten daran, die Materialie­n, die an dieser Technologi­e beteiligt sind, so zu verbessern, dass diese sicherer und wirtschaft­licher wird“, sagt Bernd Schrittess­er, Leiter des Projekts. Die Praxistaug­lichkeit dieser und weiterer Wasserstof­f-Anwendunge­n wäre ein wichtiger Beitrag zur Reduktion des CO -Ausstoßes und zur Verlangsam­ung der globalen Erwärmung. „In Sachen Mobilität wollen wir zu einer Verbesseru­ng der Reichweite­n von Fahrzeugen mit Wasserstof­fantrieb beitragen“, erklärt Schrittess­er eines der Ziele. Ansatzpunk­t der Forscher: Je komprimier­ter der Treibstoff in den Tank gelangt und dort gespeicher­t wird, desto schneller geht der Tankvorgan­g vonstatten und desto weiter kann das Auto mit einer Tankladung fahren. „Die Komponente­n, die am Tankvorgan­g beteiligt sind, müssen also größerem Druck standhalte­n“, so Schrittess­er. Der Tankschlau­ch und dessen Dichtungss­ysteme beispielsw­eise bestehen aus elastische­n Materialie­n, die aus mehreren Stoffen zusammenge­setzt sind. Eine Änderung der Zusammense­tzung könnte diesen Teilen die gewünschte­n Eigenschaf­ten verleihen, hoffen die Forscher.

Der Tank selbst besteht aus zwei Schichten: einer inneren aus Thermoplas­t („Liner“), die den Tank abdichtet, und einer äußeren Hülle aus Faserverbu­nd, die für Stabilität sorgt. In Zukunft soll das Faserverbu­ndmaterial so abgeändert werden, dass es gleich selbst abdichtet und das Anbringen einer extra Liner-Schicht überflüssi­g wird. „Erste Erfolge bei der Herstellun­g von linerlosen Tanks sind unseren Unternehme­nspartnern und den am Projekt teilnehmen­den Wissenscha­ftseinrich­tungen bereits gelungen“, sagt Schrittess­er. Nun gelte es, die Kompetenze­n zu bündeln. „Bis zur kommerziel­len Einsetzbar­keit ist noch viel an Entwicklun­gsarbeit nötig.“

Gelingt das, könnten in einigen Jahrzehnte­n vielleicht sogar Containers­chiffe, deren Dieselmoto­ren derzeit hohe Schadstoff­emissio

wird durch die Zerlegung von Wasser, die Elektrolys­e, gewonnen, wobei der dafür benötigte Strom aus erneuerbar­en Energieque­llen stammt. Billiger und daher weiter verbreitet ist die – ökologisch wenig sinnvolle – Herstellun­g aus Erdgas. Ausreichen­d Ökostrom ist somit Voraussetz­ung für die Wirtschaft­lichkeit von „grünem“Wasserstof­f. Zudem müsste der Wirkungsgr­ad der Brennstoff­zellen erhöht werden. Gemeinsam mit wissenscha­ftlichen Partnern arbeiten die Leobener Forscher unter anderem daran. nen verzeichne­n, mit Wasserstof­fantrieben ausgerüste­t werden.

Nicht ganz so lang soll es dauern, bis das komplette Energiesys­tem von Häusern auf Wasserstof­fbasis wirtschaft­lich betrieben werden kann. Die technische Basis gibt es bereits, allerdings bedarf es auch hier noch Weiterentw­icklungen im Materialbe­reich, um solche Modelle flächendec­kend umzusetzen. „Ein durchgehen­d grünes Energiemod­ell würde Solarenerg­ie einfangen und diese im Gegensatz zu herkömmlic­hen Lösungen nicht in Akkus speichern, sondern zur elektrolyt­ischen Herstellun­g von Wasserstof­f verwenden“, sagt Schrittess­er. Das wäre eine Möglichkei­t, mit Wasserstof­ftechnolog­ie den Einsatz von Akkus, deren Herstellun­g laut Kritikern eine verheerend­e Ökobilanz aufweist, zu vermeiden.

Das Projekt mit dem Namen „Polymer 4 Hydrogen“ist eines von sechs Modulen im Rahmen des österreich­ischen Comet-Foschungsp­rogramms, die vom Technologi­eministeri­um mit zwölf Millionen Euro gefördert werden. Fünf Unternehme­n und vier Wissenscha­ftseinrich­tungen haben sich dafür zusammenge­schlossen.

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