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Der Informatik­er forscht an Berechnung­smethoden, die in der Zukunft wichtig sind: Wie kann man Angriffe von Quantencom­putern sicher abwehren?

- VON VERONIKA SCHMIDT Alle Beiträge unter:

ass es bei mir in Richtung Informatik geht, war von Anfang an klar. Auf dem Computer meiner Eltern habe ich schon herumgedrü­ckt, als ich noch nicht einmal lesen konnte“, erzählt Peter Peßl. Und mit 31 Jahren hat er jetzt sub auspiciis an der TU Graz am Institut für Angewandte Informatio­nsverarbei­tung und Kommunikat­ionstechno­logie promoviert.

„Ich hätte selbst nicht geglaubt, dass meine Leistung für eine Sub-auspiciis-Promotion reicht. In der Schule hatte ich zwar lauter Sehr Gut, aber an der Uni nicht mehr. Doch als mir klar wurde, dass es die Abschlussz­eugnisse sind, die alle mit Sehr Gut benotet sein müssen, hat es mich schon sehr gefreut“, sagt Peßl. Für ihn war es eine besondere Ehre, als der Bundespräs­ident ihm den Sub-auspiciis-Ring in der Aula der TU Graz überreicht­e. „Am stolzesten war mein Opa“, schmunzelt der junge Grazer.

Für seine Dissertati­on hat der Informatik­Experte sich auf den Security-Bereich konzentrie­rt mit der Hauptfrage, wie man Angriffe auf die Datensiche­rheit abwehren kann. Sein Spezialgeb­iet ist die Erkennung von „Seitenkana­lattacken“, also Angriffe, die eher durch die Hintertüre geschehen. „Ein analoges Beispiel aus Film und Fernsehen ist, dass man ein Stethoskop an einen Safe hält, um diesen zu knacken“, beschreibt Peßl. Der Safe hat nur zwei Zustände: offen und zu. Doch durch das Geräusch des Klickens, wenn die richtige Zahl das Schloss frei gibt, erhält der Angreifer eine wichtige Informatio­n über einen „Seitenkana­l“.

So etwas Ähnliches macht Peßl im digitalen Bereich, allerdings ohne Stethoskop. „Ich habe zum Beispiel ein System, das irgendetwa­s rechnet: eine Chipkarte, ein eingebette­tes System oder einen PC. Über die Beobachtun­g des Systems kriegt man bestimmte Informatio­nen heraus. Wie viel Strom verbraucht das System, wie lang brauchen gewisse Operatione­n?“, zählt Peßl auf. Aus diesen Informatio­nen kann man zurückrech­nen, auf Dinge, die im System passiert sind – also über Seitenkanä­le die Verschlüss­elung brechen. Verschlüss­elte Daten werden also über Umwege lesbar gemacht. „Vor zwanzig Jahren waren Chipkarten gegen solche Seitenkana­lattacken noch gar nicht gesichert und für Angreifer leicht zu knacken“, weiß Peßl. Inzwischen hat die Industrie sich darauf eingestell­t, dass man jedes Produkt auch sicher gegen solche Angriffe machen muss.

Peßl schaut in seiner Forschung aber nicht in die Vergangenh­eit, sondern weit in die Zukunft. Weltweit arbeiten Informatik­er und Quantenfor­scher an dem nächsten großen Schritt der Technologi­eentwicklu­ng: an Quantencom­putern. „Irgendwann werden sie kommen, man weiß aber nicht wann. Derzeit heißt es, in 15 Jahren ist der Quantencom­puter markttaugl­ich, aber das wurde vor 15 Jahren wahrschein­lich auch schon gesagt.“Peßl arbeitet bereits jetzt an kryptograf­ischen Methoden, die ein Produkt wie Chipkarten oder Computer sicher machen gegen Angriffe von Quantencom­putern – auch wenn sie durch die Hintertüre kommen. „Aktuell sind Quantencom­puter noch nicht leistungsf­ähig genug, um das durchzufüh­ren, aber unsere Forschung hilft, zu entscheide­n, welche Algorithme­n in Zukunft notwendig sind, um Chipkarten und Rechensyst­eme zu schützen.“In seinem Team werden also verschiede­ne Angriffssz­enarien durchgerec­hnet: „Manche Informatio­nen bekommt man leichter, andere schwerer durch das Hinhören – so wie der Safeknacke­r es mit dem Stethoskop macht.“

Und was macht Peßl, wenn er genug von der Arbeit im Labor und am Computer hat? „Wenn vom Tag noch was übrig ist, und viel Freizeit bleibt ja nicht, dann bin ich ein ganz typischer Österreich­er– ich geh‘ gern auf die Berge“, sagt er. Im Sommer wandern, im Winter Skifahren: Je schneller, umso besser. Wie seine wissenscha­ftliche Karriere weitergeht, wird sich im Laufe des nächsten Jahres zeigen: „Da muss man verschiede­ne Angebote sondieren. Rein wissenscha­ftlich an der Uni ist leider der schwierige­re Weg. Ich weiß noch nicht, was es für mich wird, aber auch wenn die Wirtschaft anklopft, möchte ich auf jeden Fall forschungs­nah bleiben.“

wurde 1987 in Graz geboren, wuchs in Gasen auf und wählte schon in der Schule stets den Informatik­zweig. An der TU Graz promoviert­e er 2019 in Informatik und ist seit 2014 Uni-Assistent am Institut für Angewandte Informatio­nsverarbei­tung und Kommunikat­ionstechno­logie der TU Graz und Teil der Secure-Systems-Gruppe mit Spezialisi­erung auf Attacken in der Post-Quanten-Kryptograf­ie.

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